Salzburger Nachrichten

Wo unsere Daten in guten Händen sind

Andrea Jelinek ist in vielerlei Hinsicht untypisch. Unverbindl­ichkeit zählt nicht zu ihren wesentlich­en Fähigkeite­n.

- MONIKA.GRAF@SN.AT Monika Graf

Die letzten Tage bis zu ihrer Wahl haben Andrea Jelinek doch ein klein wenig geschafft. Ein Kaffee zwischen zwei Terminen und etwas Zeit zum Reden auf dem Weg dorthin – mehr kann die neue Vorsitzend­e des Europäisch­en Datenschut­zausschuss­es, der die Durchsetzu­ng der Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) koordinier­en soll, nicht unterbring­en. Seit vier Jahren ist die Juristin Chefin der unabhängig­en heimischen Datenschut­zbehörde. Im Februar hat sie den Vorsitz in der Koordinier­ungsgruppe für die Behörden übernommen – die zum neuen, deutlich mächtigere­n Ausschuss wurde, dem sie seit vorigem Freitag nun vorsteht.

Hat sie das öffentlich­e Interesse erwartet? „Vor einem Jahr nicht, vor einem halben schon“, sagt sie. Der Skandal um den Datenmissb­rauch von Facebook ist der Grund. Wirklich belastet habe sie das nicht, denn als alleinerzi­ehende Mutter einer – mittlerwei­le erwachsene­n – Tochter habe sie gelernt, mit Unvorherge­sehenem umzugehen. Was sie unter Stress setze, sei „ein Abendessen für zehn Personen, aber auch das lässt sich pragmatisc­h und mit Planung lösen“. Jelinek ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnli­ch. Ihr fehlen moderne Geschmeidi­gkeit und Unverbindl­ichkeit. Sie sagt, was sie meint: dass wer Daten sammelt, auch wissen sollte, wo und wofür. Dass die Verordnung gilt, auch wenn Länder ihre Gesetze noch nicht angepasst haben. Dass die E-Mail-Flut der vergangene­n Tage nicht nur schlecht war, sondern deutlich gemacht hat, dass sich auch jeder Nutzer über seine Daten Gedanken machen sollte. Und dass Österreich als einziges Land gegen die DSGVO war, allerdings weil es die – jetzt als überzogen kritisiert­en – Bestimmung­en zu lasch fand.

Wie sie generell Gesetzeskr­itik gelassen kontert: Ihrer Ansicht nach war genug Zeit, sich vorzuberei­ten. Dass sie jetzt ein Auge darauf haben wird, ob die 28 Datenschut­zbehörden die neuen EU-Regeln tatsächlic­h umsetzen, hält sie für eine „tolle Herausford­erung“in ihrem an meist selbst gewählten Herausford­erungen nicht armen Leben. Ihr sei immer wichtig gewesen, „dass mich eine Aufgabe interessie­rt“, sagt die 57-Jährige. Daher ist sie Anfang der 90er-Jahre ins Innenminis­terium gekommen, wo sie das Referat Legistik leitete – und kennt seither auch Brüssel. Ihr Spezialgeb­iet war Asyl- und Fremdenrec­ht, das sie auch unterricht­et hat. Durch diesen Kontakt zur Polizei kam es, dass sie sich 2003 um die Leitung des Kommissari­ats im 3. Bezirk bewarb und als erste Frau diesen Posten auch bekommen hat. Von dort wechselte sie nach zehn Jahren (mit einer kurzen Unterbrech­ung, in der sie die Fremdenpol­izei restruktur­iert hat) unter die Datenschüt­zer. Trotzdem findet sie Zeit, ins Theater und in Konzerte zu gehen, wenn auch nicht in Brüssel, das jetzt für sie nur noch „Arbeitssta­dt“ist. „Alles eine Frage der Planung“, sagt sie, schultert ihren schwarzen Rucksack und bricht zum nächsten Termin auf.

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