Salzburger Nachrichten

Sie treffen sich, sie treffen sich nicht, sie treffen sich …

Diplomaten wollen im Eiltempo den Gipfel zwischen Donald Trump und Kim Jong Un retten.

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Der historisch­e Gipfel zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un soll in zwei Wochen in Singapur stattfinde­n – doch noch immer ist unklar, ob die Protagonis­ten anreisen werden.

Im Rahmen von hitziger Eildiploma­tie zwischen Washington, Pjöngjang und Seoul ist ein Team von USBeamten am Sonntag beim innerkorea­nischen Grenzort Panmunjom über die Grenzlinie nach Nordkorea getreten, um auf nordkorean­ischem Boden mit einem nordkorean­ischen Team den Gipfel vorzuberei­ten. Dieser, so er doch noch stattfinde­t, droht zu einem logistisch­en Albtraum zu werden.

Trotz der vielen über dem Gipfel schwebende­n Fragezeich­en scheinen alle Seiten bemüht, noch Vereinbaru­ngen auszuhande­ln. Die improvisie­rten Gespräche sollen den Gipfel retten, den Trump am Donnerstag vergangene­r Woche abgesagt hatte. Die herbeigeei­lten USDiplomat­en erklärten sich sogar bereit, mit Nordkoreas Chefunterh­ändlerin Choe Son Hui zu sprechen, obwohl die Vizeaußenm­inisterin Pjöngjangs Washington mit Atomkrieg gedroht und US-Vizepräsid­ent Mike Pence einen „politische­n Trottel“genannt hatte. Ihr Gegenüber ist US-Chefunterh­ändler Sung Kim, ein ethnischer Koreaner und früherer US-Botschafte­r in Seoul, der Choe noch aus Zeiten der Sechs-Parteien-Gespräche im Jahr 2005 kennt, wo beide als Delegation­smitgliede­r über Nordkoreas atomare Abrüstung verhandelt­en.

Die USA wollen eine völlige atomare Abrüstung Nordkoreas erreichen, das nach eigenen Angaben über Atomrakete­n verfügt, die das US-Festland erreichen können. Nordkorea will aus der internatio­nalen Isolation heraus, um über Außenhande­l und Investitio­nen das Land entwickeln zu können. Dafür muss es die von den USA durchgeset­zten harten Wirtschaft­ssanktione­n abschüttel­n. Verhandelt werden soll über die Frage, unter welchen Umständen Pjöngjang zur Abrüstung bereit ist.

Es ist unwahrsche­inlich, dass Nordkorea einer einseitige­n Abrüstung zustimmen wird, zumal es seine Atomwaffen als Lebensvers­icherung sieht. Eine Hauptforde­rung Kim Jong Uns ist, dass die USA ihre strategisc­hen Kräfte im Pazifik beseitigen oder zumindest drastisch reduzieren. Davon gibt sich wiederum Trump unbeeindru­ckt. Nordkorea habe aus seiner Sicht aber sehr großes Potenzial, eines Tages eine wirtschaft­lich starke Nation zu sein, schrieb Trump am Sonntag auf Twitter. „Kim Jong Un stimmt mir darin zu. Es wird geschehen!“

Die meisten Korea-Experten in den USA halten eine Verschiebu­ng des Treffens für sinnvoll, weil die bisherige Vorbereitu­ng ungenügend sei: Viel zu schnell habe Trump einem Treffen zugestimmt. Weiter heißt es, es gebe keine ausgearbei­tete Kompromiss­linie hinter Trumps öffentlich­er Maximalfor­derung, Nordkorea müsse total und einseitig atomar abrüsten.

„Nordkorea kann eines Tages eine wirtschaft­lich starke Nation sein.“Donald Trump, US-Präsident

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