Bankomatbanden sind zurück
Jahrelang war es ruhig um sie, nun halten rumänische Banden vor allem die Polizei in Oberösterreich auf Trab. Was man über die Kriminellen weiß.
Knapp 15 Stunden dauert die Autofahrt von der rumänischen Stadt Galati nach Linz. Eine Reiseroute, die derzeit für die Polizei von besonderem Interesse ist. Seit Jahresbeginn wurden in Oberösterreich sechs Bankomaten gestohlen (zwei Mal blieb es beim Versuch). Jedes Mal sollen die Täter Mitglieder einer rumänischen Bande gewesen sein, deren Basis die Stadt Galati an der Grenze zu Moldawien ist.
„Bereits im Jahr 2017 gab es die ersten Bankomatdiebstähle. Vorwiegend durch Rausreißen der Geräte mit einem Spanngurt. Leider setzt sich diese Serie heuer fort“, erzählt Christian Schmidseder vom Landeskriminalamt (LKA) Oberösterreich. Die Kriminalisten gehen davon aus, dass sie es mit derselben Tätergruppe wie im Vorjahr zu tun haben. Neben herausgerissenen Bankomaten gab es im April auch eine Bankomatsprengung.
„Die Täter sind jedenfalls extrem gut vorbereitet. Sie spionieren die Tatorte genau aus, planen ihre Fluchtroute und kennen die Umgebung“, sagt Schmidseder. So würden sie abgelegene Bankomaten bevorzugen, weit weg von Polizeiinspektionen. „Direkt vor der Tat werden noch PS-starke Autos gestohlen, um die Bankomaten aus der Verankerung zu reißen. Nach der Tat werden die Bankomaten direkt in Österreich aufgeschnitten und die Beute entnommen“, weiß der LKA-Mann. Oft wählen die Kriminellen dafür Waldstücke, leer stehende Gebäude oder schneiden die Geräte direkt in den gestohlenen Fahrzeugen auf. Das Auftauchen von Bankomatbanden hatte bereits in den Jahren 2010/11, 2014 und 2016 die Polizei auf Trab gehalten. Die Täter schlugen dabei vermehrt in Ostösterreich und hier vor allem in Niederösterreich zu. „Wir hatten heuer erst einen Fall“, sagt Gerhard Walli vom Landeskriminalamt Niederösterreich. „Die Tätergruppen sind sehr mobil. Die Kollegen aus Deutschland und Tschechien melden auch eine Zunahme bei diesen Delikten“, erzählt der Experte.
Warum nun Oberösterreich im Fokus der Täter steht? „Das ist eine Verdrängung. Nun sind die Täter dort, in einem Jahr vielleicht wieder bei uns. Es gab bereits einige Verurteilungen. Dadurch werden Gruppierungen zerschlagen, die sich dann aber wieder neu zusammenfinden“, weiß Walli.
Erst in der vergangenen Woche wurde vom Landesgericht Klagenfurt ein 31-jähriger Rumäne zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt (nicht rechtskräftig). Er hatte als Mitglied einer Bande im Sommer 2017 aus einem Supermarkt einen Bankomaten gestohlen. Nach bekanntem Muster: Die sechsköpfige rumänische Bande hatte für den Einbruch in Althofen im Bezirk St. Veit/Glan ein Fahrzeug gestohlen. Damit stießen die Einbrecher spätnachts durch die Glasfassade des Supermarktes. Dann luden sie den Geldausgabeautomaten in ihr Fahrzeug und flüchteten in ein Waldstück. Normalerweise sind Bankomaten durch Verankerungen im Boden gesichert oder durch sogenannte Alarmpakete: Farbpatronen, die, wenn das Gerät stark bewegt wird, zerplatzen und die darin enthaltenen Geldscheine durch eine Farbe unbrauchbar machen.
Warum den Tätern nicht langfristig das Handwerk gelegt werden kann, hat viele Gründe. Einer: Die Perspektivenlosigkeit der Täter im eigenen Land und die Aussicht auf rasches Geld in Österreich bei Delikten, die mit relativ geringer Strafdauer versehen sind.
Wie es mit den Bankomatbanden weitergeht, wird sich zeigen. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 wurden in Österreich vom Frühjahr bis zum Herbst 20 ungeklärte Fälle von Bankomatdiebstählen verzeichnet.
„Die Täter sind gut vorbereitet und spionieren die Tatorte vorher aus.“Christian Schmidseder, LKA OÖ