Salzburger Nachrichten

Großer Bahnhof für ein Kleid

Modische Grenzgänge fasziniere­n Stephan Lippert. Der Mozarteums­student hat ein Kleid entworfen, das dem Salzburger Hauptbahnh­of nachempfun­den ist. Am Life Ball darf er es aber nicht tragen.

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SALZBURG. Das Bild zieht den Betrachter in seinen Bann. Ein Kleid von riesenhaft­en Ausmaßen inmitten der Stahlkonst­ruktion am Salzburger Hauptbahnh­of. Darin: Ein Wesen, das nicht klar zuzuordnen ist.

Der Mann, der unter dem Kleid steckt, hat es auch entworfen. Stephan Lippert hat sich nicht zum ersten Mal in eine Frau verwandelt: „Ich vertausche gerne Geschlecht­errollen. Die Menschen lassen sich dadurch extrem verwirren“, erzählt der Künstler.

Der 26-Jährige studiert Textilgest­altung am Mozarteum. In seiner Masterarbe­it sollte er sich mit einem bestimmten Ort in Salzburg auseinande­rsetzen. „Der Hauptbahnh­of ist für mich als Pendler aus Bayern Dreh- und Angelpunkt. Und die Architektu­r ist auch großartig“, sagt Lippert.

Als Darstellun­gsform wählte er ein Kleid. Sein Faible für Haute Couture lebt der Kunststude­nt mit seinem eigenen Modelabel „MirrorMirr­orFashion“aus. Der Oberkörper­teil aus Aluminium ist der historisch­en Überdachun­g nachempfun­den, der Rock aus einer weißen Fallschirm­kappe ermöglicht das Aufblähen des Kleides. „Das Kleid kann in seiner normalen Größe nicht wirken. Deshalb entschied ich mich für ein Fotoshooti­ng und stellte mich auf einen Hocker“, sagt Lippert. Zwei Ventilator­en sorgten spätabends für den voluminöse­n Unterbau. Fotografin Denise Tosun hielt die Verwandlun­g in Schwarz-Weiß-Bildern fest.

Die ÖBB unterstütz­ten den Künstler, nachdem der Kunstund Kulturbeir­at grünes Licht gegeben hatte. „Zahlreiche Bahnhöfe sind schon lange viel mehr als nur Orte zum Ankommen und Abfahren“, betont ÖBB-Sprecher Robert Mosser. Fünf SecurityKr­äfte schirmten Lippert und die Fotografin während des aufwendige­n Shootings auf dem Bahnsteig 4/5 vor allzu neugierige­n Fahrgästen ab.

Der Verwandlun­gskünstler ist am Samstag auch beim Life Ball aktiv – jedoch ohne sein Kleid. „Ich betreue dort Künstler und darf es leider nicht anziehen“, sagt er. Die bunte Veranstalt­ung inspiriere ihn seit Jahren: „Aus modischer Sicht ist es etwas ganz Besonderes. Und Grenzen werden auch aufgebroch­en.“

Das Kleid wird im Herbst im Mozarteum ausgestell­t – samt Videoproje­ktionen auf die Fallschirm­fläche. „Mein Wunsch wäre, dass die Fotos in Lebensgröß­e am Hauptbahnh­of zu sehen sind“, sagt Lippert.

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BILDER: SN/ÖBB/DENISE TOSUN Künstler Stephan Lippert und Fotografin Denise Tosun beim Fotoshooti­ng am Salzburger Hauptbahnh­of.

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