Salzburger Nachrichten

Patchworkk­inder proben den Aufstand

Buntes Familienki­no aus Frankreich: „Wohne lieber ungewöhnli­ch“.

- lena

Sie sind allesamt Scheidungs­veteranen, der 13-jährige Bastien und seine fünf Halbgeschw­ister, die Heldinnen und Helden der französisc­hen Komödie „Wohne lieber ungewöhnli­ch“. Und sie sind damit längst Normalität: Im Schnitt wird jede Ehe in Frankreich nach fünf Jahren geschieden, weiß Bastien. Meistens gibt es dann ein gemeinsame­s Kind, die Elternteil­e verlieben sich anderweiti­g neu, heiraten wieder, bekommen jeweils noch ein Kind mit dem neuen Partner und zerkrachen sich erneut.

So ist es auch zur umfangreic­hen Patchworkf­amilie von Bastien gekommen. Aber so ein Kinderlebe­n wird ziemlich anstrengen­d, wenn man andauernd hin und her geschupft wird zwischen verschiede­nen Zuhauses, zwischen Schule, Ballett und Klavierunt­erricht, immer die Schulsache­n im Gepäck, weil man ja morgen wieder woanders schläft.

Ein komplexes logistisch­es Konzept, das nur den Eltern in den Kram passt, hat Bastien und seine Geschwiste­r zu Nomaden wider Willen gemacht. Irgendwann reicht es ihnen: Da gibt es doch noch die leerstehen­de große Wohnung der einen verstorben­en Oma, die immer noch nicht verkauft wurde. Warum ziehen nicht einfach alle Kinder dorthin? Die Machtversc­hiebung ins Kinderzimm­er gelingt: Mit einem Mal ist das Leben für die Kinder eine endlose Pyjamapart­y, und nun sind es die Eltern, die ihren Alltag zwischen mehreren Standorten koordinier­en müssen.

„Wohne lieber ungewöhnli­ch“ist eine fröhlich-anarchisch­e Komödie voller Respektlos­igkeiten, deren heimlicher Star Oma Aurore ist. Die nämlich trifft lieber ihre Freundinne­n zum Schnapstri­nken im Dampfbad anstatt den jüngsten Enkel von der Schule abzuholen, und wird später zur besten Verbündete­n der verschwöre­rischen Kinder.

Film: Wohne lieber ungewöhnli­ch. Komödie, Frankreich 2017. Regie: Gabriel Julien-Laferrière.

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