Ein Krisentöpfchen für die Eurozone
Die EU-Kommission will einen Fonds aufbauen, dessen Mittel Euroländern helfen sollen, eine unverschuldete Krise zu überstehen.
BRÜSSEL. Eigentlich gibt es in der Eurozone derzeit andere Sorgen, als einen neuen Krisenfonds aufzubauen, der ab 2021 Ländern unter die Arme greifen soll, deren Wirtschaft ohne ihr Zutun einbricht. Während man in Brüssel weiter gespannt auf die Bildung einer neuer Regierung in Italien wartet, hat die EU-Kommission am Donnerstag einen Vorschlag für eine „Europäische Investitionsstabilisierungsfunktion“vorgelegt. Damit soll die Investitionstätigkeit von Staaten „in Fällen großer asymmetrischer Schocks stabilisiert werden“, etwa nach Naturkatastrophen oder dem Ausfall eines wichtigen Handelspartners.
Konkret sind im nächsten EUHaushaltsrahmen bis zu 30 Milliarden Euro an zinsfreien Darlehen für die 19 Mitglieder der Eurozone bzw. die Anwärter auf den Beitritt zur Gemeinschaftswährung vorgesehen. Der Vorschlag ist Teil der Langfristig-Finanzplanung der EU von 2021 bis 2027 und quasi ein Kompromiss zwischen dem Ruf von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach einem echten Eurozonen-Budget und dem Nein dazu aus Deutschland. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sprach von einem „ersten Instrument der Solidarität“ in der Währungsunion, es sei aber „kein Transferunion-Embryo“. Vom Volumen her sei der Investitionsfonds über die sieben Jahre nur ein „bescheidener Anfang“, sagte der Franzose. Damit werde ein „Samen gepflanzt“und wenn daraus eine Pflanze werden solle, müsse er „gegossen werden, sonst vertrocknet die Saat“.
Ob und in welcher Form der neue Krisenfonds tatsächlich kommt, ist angesichts der großen Differenzen zwischen den Mitgliedsstaaten, die den Haushalt einstimmig beschließen müssen, offen. Beobachter sind skeptisch, schließen aber nicht aus, dass es am Ende irgendeine Form eines kleinen „Schlechtwetter-Topfs“für die Eurozone als Zugeständnis an Paris geben könnte.
Parallel zu den Investitionsmitteln in Krisenzeiten will die EUKommission den Regierungen in den Mitgliedsstaaten Struktur- und Arbeitsmarktreformen künftig mit Geld schmackhaft machen. Von 2021 bis 2027 sollen dafür 22 Mrd. Euro bereitstehen. Weitere 2,2 Mrd. Euro soll es geben, um Länder, die dem Euro beitreten wollen, bei Vorbereitungen zu unterstützen.
Das Reformunterstützungsprogramm sieht laut Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis eine bestimmte Summe pro Land vor, die sich an der Einwohnerzahl orientiert. Ausbezahlt wird sie nur, wenn ein mehrjähriges Reformprogramm umgesetzt wurde.
Moscovici warnte indes vor Spekulationen über etwaige Schwierigkeiten in Italien. Es gebe wieder Wachstum, schwindende Arbeitslosigkeit und absehbar eine leicht sinkende Verschuldungsrate. „Das sind reale Verbesserungen, die die Anstrengungen der italienischen Bürger und der Unternehmen in den vergangenen Jahren widerspiegeln“, sagte der Kommissar. Er erinnere an die Fakten, um „unbegründete Gerüchte“zu zerstreuen.
„Es ist offensichtlich, dass das, was sich in Italien abspielt, von entscheidender Bedeutung ist – für die Europäische Union, für die Eurozone, für die Investoren, für die ganze Welt“, sagte er. Doch habe die Demokratie das letzte Wort und nur die Italiener bestimmten ihr Schicksal. Eine Einmischung verbiete sich, fügte der EU-Kommissar hinzu.
„Wir haben einen Samen gepflanzt.“