Der Wolf muss Angst lernen
Das Zusammenleben mit Wölfen wird so, wie es sich der Mensch heutzutage vorstellt, nicht funktionieren. Der Wolf mied früher die menschliche Nähe, da er intensiv bejagt wurde, und wagte sich nur in extremen Situationen, z. B. wenn er seine Jungen nicht mehr sattkriegen konnte, in die Nähe des Menschen, um sich ein Tier zu holen, was dank der Hirten meist vereitelt wurde.
Heute weiß der Wolf, auch wenn er eine gewisse Scheu vor dem Menschen selbst hat, dass ihm von diesem keine Gefahr droht. Er sucht sogar seine Nähe auf, wenn er dort Weidetiere vermutet, die er leicht und ungestraft erbeuten kann. Er tötet nicht nur ein Tier, um seinen unbändigen Hunger zu stillen, sondern gleich mehrere, weil sie ihm wie im Schlaraffenland auf dem Tablett serviert werden. Er kostet von allen ein wenig und zieht dann zur nächsten „Jausenstation“weiter.
So kann es nicht weitergehen! Der Wolf muss wieder lernen, dass vom Menschen Lebensgefahr ausgeht. Um dieses zu erreichen, fällt mir nichts anderes als der gezielte Abschuss ein, aber dazu ist die Jägerschaft scheinbar nicht imstande. Es wäre also wünschenswert, wenn jemand ein Mittel fände, das den Wölfen panische Angst vor Menschen einjagt, ohne Tiere „entnehmen“zu müssen.
Auf diese Weise würde ein halbwegs annehmbares Zusammenleben von Menschen, Wölfen und Weidetieren möglich werden. Dann braucht man in den meisten Fällen auch keine Hirtenhunde mehr, denn von diesen geht größere Gefahr für den Menschen (Wanderer usw.) aus als von den Wölfen selbst. Von der bisher üblichen Art der Sommerhaltung von Weidevieh in den Bergen wie etwa umherziehende Schafherden u. a. wird man sich wohl verabschieden müssen. Dr. Horst Moosleitner