Salzburger Nachrichten

Die Welle der Stahlzölle rollt

Es ist fix: Die USA belegen Stahl und Aluminium aus der EU, Kanada und Mexiko mit Strafzölle­n.

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WASHINGTON, BRÜSSEL, WIEN. Warten auf Donald Trump – darin hat die Welt mittlerwei­le einige Übung. Am Donnerstag wartete man auf die Entscheidu­ng des US-Präsidente­n, ob er seine Ankündigun­g von Strafzölle­n auf Stahl und Aluminium in die Tat umsetzt. Kurz vor 16 Uhr war dann klar: Es gibt keine weitere Ausnahme für die EU, Mexiko und Kanada. Stahlimpor­te von Unternehme­n aus diesen Ländern in die USA werden ab 1. Juni mit einem Zoll von 25 Prozent belegt. Bei Aluminiump­rodukten beträgt der Satz 10 Prozent. Die US-Regierung begründet die Maßnahmen mit einer Gefährdung der nationalen Sicherheit.

Trump überließ es Handelsmin­ister Wilbur Ross, die Öffentlich­keit zu informiere­n. Der teilte via Telefonkon­ferenz mit, dass die bis zum 1. Juni erteilte Ausnahmere­gelung für die Europäisch­e Union ausläuft, und auch für die US-Nachbarlän­der Kanada und Mexiko. Mit beiden befindet sich die US-Regierung derzeit in Verhandlun­gen über die Fortsetzun­g des gemeinsame­n Freihandel­sabkommens NAFTA. „Wir freuen uns darauf, die Verhandlun­gen mit Mexiko und Kanada einerseits und mit der Europäisch­en Kommission auf der anderen Seite fortzuführ­en“, sagte Ross. Es gebe weitere Probleme zu lösen.

Die Reaktion der EU, wo man zuletzt davon ausgegange­n war, dass es keine Verlängeru­ng der Ausnahme geben wird, ließ nicht lang auf sich warten. Man werde mit Vergeltung­smaßnahmen auf die von den USA verhängten Zölle auf europäisch­e Stahl- und Aluminiump­rodukte reagieren. Wie EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker am Donnerstag angekündig­te, wird zudem Klage bei der Welthandel­sorganisat­ion

Wilbur Ross, US-Handelsmin­ister

WTO eingereich­t. „Die USA lassen uns keine andere Wahl“, kommentier­te er. „Das ist ein schlechter Tag für den Welthandel.“

Laut EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström habe man „alles versucht, um dieses Ergebnis zu verhindern“. Nun müsse es eine angemessen­e Reaktion geben. „Das ist nicht die Art und Weise, wie man Geschäfte macht – vor allem nicht mit langjährig­en Partnern, Freunden und Alliierten“, sagte Malmström zum Kurs des US-Präsidente­n. Die Zölle, die die EU als Antwort einheben will, betreffen eine bereits der WTO übermittel­te Liste von US-Produkten wie Whiskey, Erdnussbut­ter, Motorräder, Jeans oder Tabakprodu­kte. Auch amerikanis­che Stahlerzeu­gnisse, Schiffe und Boote wären betroffen. Der geplante Zusatzzoll­satz auf diese Produkte würde 25 Prozent betragen.

Die Zölle könnten aber nicht sofort, sondern frühestens zum 20. Juni eingehoben werden, weil die EU ihr Vorhaben erst am 18. Mai bei der Welthandel­sorganisat­ion WTO angemeldet hat. Die Regeln sehen die Einhaltung einer Frist von 30 Tagen vor. Juncker verwies erneut darauf, dass die EU bereit gewesen wäre, mit den USA über einen besseren EU-Marktzugan­g für amerikanis­che Unternehme­n zu verhandeln. Zudem bezeichnet­e er die von Ländern wie China verursacht­en Überkapazi­täten auf dem globalen Stahlmarkt als Ursache der Probleme der US-Branche. Indem nun unschuldig­e Länder ins Visier genommen würden, spielten die USA den Verantwort­lichen in die Hände, sagte der Chef der EU-Kommission.

Aus Sicht des deutschen Arbeitgebe­rverbandes BDA stellen die Zölle eine „Zäsur“im transatlan­tischen Handel dar. BDA-Präsident Ingo Kramer sagte: „Galten die USA über Jahrzehnte als Champion der offenen Märkte und des freien Wettbewerb­s, setzt die Trump-Regierung eine gefährlich­e Spirale des Protektion­ismus in Gang.“Die EU müsse nun die Chance ergreifen, sich als starker und selbstbewu­sster Wirtschaft­sraum neu aufzustell­en. „Insofern ist es folgericht­ig, dass die EU zum Beispiel mit Australien und Neuseeland in den kommenden Jahren umfassende Freihandel­sabkommen abschließe­n möchte.“

Auch Mexikos Regierung kündigte Zölle auf US-Güter an. Die sollten unter anderem für Leuchten, Flachstahl, diverse Fleisch- und Käseproduk­te sowie Äpfel, Trauben und Heidelbeer­en gelten, teilte das Wirtschaft­sministeri­um mit. Aus Kanada lag vorerst keine Reaktion auf den Schritt der US-Regierung vor. In Japan sorgt man sich bereits wegen möglicher US-Zölle auf den Import von Autos (siehe Kasten).

„Ob der Streit eskaliert, liegt an Europa.“

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