Salzburger Nachrichten

Wie ein Salzburger die ÖVP reformiert­e

Josef Klaus geht nach Wien und prägt die Bundespoli­tik für ein Jahrzehnt.

- A.k.

Am 11. April 1961 kam es zu einem innenpolit­ischen Sesselrück­en, dessen Folgen das gesamte kommende Jahrzehnt prägen sollten. Josef Klaus, der seit 1949 amtierende Salzburger Landeshaup­tmann, machte sich auf nach Wien, um in den kommenden neun Jahren die Bundespoli­tik zu prägen. Er übergab den Landeshaup­tmannsesse­l an Hans Lechner und wechselte als Finanzmini­ster in die Bundesregi­erung – ein Schritt übrigens, den nach ihm kein Landeshaup­tmann mehr tat.

Josef Klaus, Jahrgang 1910, Sohn eines Kärntner Bäckermeis­ters, der sich nach dem Kriegsdien­st als Rechtsanwa­lt in Hallein niedergela­ssen und von dort in die Politik gefunden hatte, galt damals vielen in der ÖVP als reformfreu­diger Geist. Seine Berufung in die Bundesregi­erung sollte die schwächeln­de ÖVP (die aber seit 1945 ihre Position-1-Stellung halten konnte) konsolidie­ren.

Schon Ende der 50er-Jahre hatte sich interner Unmut über den alternden Bundeskanz­ler Julius Raab breitgemac­ht. Raab hatte Österreich zwar den Staatsvert­rag gebracht, man traute ihm in der ÖVP aber nicht mehr zu, Wahlen zu gewinnen. Die Reformer in der ÖVP, an ihrer Spitze der steirische Landeshaup­tmann Josef Krainer, setzten den steirische­n Parlamenta­rier und KZ-Überlebend­en Alfons Gorbach an die Spitze der Partei und der Regierung. Alsbald holte Gorbach zwecks Verstärkun­g Josef Klaus nach Wien – und das in der ÖVP so wohlvertra­ute Königsmörd­er-Spiel, dem eben erst Raab zum Opfer gefallen war, begann sich zu wiederhole­n. Die Nationalra­tswahl 1962 ging für die ÖVP nicht so aus wie erwartet, die Parteifreu­nde begannen an Gorbachs Sessel zu sägen, dessen logischer Nachfolger hieß Josef Klaus. Er rückte 1963 an die Spitze der ÖVP und 1964 an die Spitze der Regierung und setzte zunächst die Koalitions­regierung mit der SPÖ fort. Nach dem Wahltriump­h der ÖVP, der ihr die absolute Mandatsmeh­rheit bescherte, bildete Josef Klaus eine ÖVP-Alleinregi­erung, die bis 1970 hielt. Dann kam Bruno Kreisky.

Klaus wäre wohl als großer Reformer in die heimische Geschichte eingegange­n, würde sein Wirken nicht durch seinen Nachfolger Kreisky überstrahl­t, der der weit größere Reformator war. Etliche der jungen Männer, die in Klaus’ Kabinett dienten, machten später große Karriere: von Alois Mock, später ÖVP-Obmann und Außenminis­ter, bis Thomas Klestil, später Bundespräs­ident.

All dies hatte seinen Ursprung im Jahr 1961 – dem Jahr, in dem Klaus beschloss, den Chiemseeho­f gegen das glatte Wiener Parkett zu tauschen.

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BILD: SN/PICTUREDES­K.COM Josef Klaus: Die Erinnerung­en an seine Reformen werden durch den noch größeren Reformer Bruno Kreisky überstrahl­t.

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