Salzburger Nachrichten

Regierung der Populisten vereidigt

In Italien regieren die Fünf-Sterne-Bewegung und die stramm rechtsnati­onale Lega. Russlands Präsident Wladimir Putin gratuliert­e umgehend.

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ROM. Zum Schluss ging es ganz schnell. In Rom wurde die erste populistis­che und rechtslast­ige Regierung des Landes angelobt. Nach 88 Tagen nervöser Verhandlun­gen haben die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega die letzte Gelegenhei­t ergriffen, um Neuwahlen im Sommer oder Frühherbst zu vermeiden. Die kaum bekannte Riege kann somit am Nationalfe­iertag heute, Samstag, an der traditione­llen Militärpar­ade teilnehmen.

Die „Regierung des Wandels“will umgehend Zeichen setzen und hat massive Kürzungen der Mittel für Flüchtling­e angekündig­t. Die breite Öffentlich­keit ist zwar erleichter­t über das Ende des ätzenden Hinund-her-Gezerres seit den Wahlen vom 4. März, fragt sich aber, wie haltbar die Koalition der krass verschiede­nen Partner sein kann.

Am Morgen des Tages, an dem er doch noch unversehen­s Regierungs­chef werden sollte, hat der Rechtsprof­essor Giuseppe Conte seine übliche Vorlesung an der Uni Florenz gehalten. Er hatte erst am Sonntag seinen Regierungs­auftrag zurückgebe­n müssen, weil Staatspräs­ident Sergio Mattarella es abgelehnt hatte, den 81-jährigen EU-, Euro- und Deutschlan­d-Gegner Paolo Savona zum Finanz- und Wirtschaft­sminister zu ernennen.

Matteo Salvini, Chef der stramm rechtsnati­onalen Lega, kokettiert­e daraufhin durchaus mit Neuwahlen. Er hoffte auf eine rechte Mehrheit ohne die Fünf Sterne. Was deren Chef Luigi Di Maio naturgemäß wenig behagte. Die postideolo­gische Fünf-Sterne-Bewegung würde bei Neuwahlen gewiss eine große Menge der linken Wähler wieder verlieren, die aus Enttäuschu­ng über die sozialdemo­kratische Partito Democratic­o beim letzten Urnengang zu den Cinque Stelle geflüchtet waren. Der eigene linke Flügel der Fünf-Sterne-Basis verhält sich auffällig ruhig, obwohl sich bei den Koalitions­verhandlun­gen Rechtsauße­n-Positionen wie der erleichter­te Schusswaff­engebrauch durchgeset­zt haben. Die Fünf Sterne wurden 2009 von dem Komiker Beppe Grillo gegründet.

Der Preis für das Gelingen der Regierungs­bildung am Ende: Der dickköpfig­e Professor Paolo Savona musste nicht von der Kabinettsl­iste gestrichen, aber verschoben werden. Er ist jetzt pikanterwe­ise Minister für europäisch­e Angelegenh­eiten geworden. Falls das die EU in Brüssel befremdlic­h findet, ist dafür zum Ausgleich Enzo Moavero Milanesi als Außenminis­ter im Amt, ein alterfahre­ner Europäer, der schon in den Regierunge­n Mario Monti und Enrico Letta Minister war. Und als neuen Finanz- und Wirtschaft­sminister hat man in Giovanni Tria auch einen hochrenomm­ierten Professor gefunden, mit dem sowohl der provokante Savona wie der milde, prinzipien­treue Mattarella einverstan­den sind.

Nur wenige Minuten nach der Vereidigun­g gratuliert­e der russische Staatschef Wladimir Putin. Er hoffe, dass die neue Regierung „zur Entwicklun­g einer konstrukti­ven russisch-italienisc­hen Zusammenar­beit beitragen“werde, meinte Putin nach Angaben des Kreml. Die rechte Lega pflegt enge Kontakte zu Russland. Ihr Vorsitzend­er, der neue Innenminis­ter Matteo Salvini, hat die von Russland annektiert­e Krim besucht.

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