„Wir müssen an unser Limit gehen“
Julian Baumgartlinger führt Österreich gegen seine Wahlheimat Deutschland als Kapitän aufs Feld und ist zuversichtlich.
Das 63. Länderspiel wird ein außergewöhnliches für Julian Baumgartlinger. Deutschland ist für ihn nicht nur ein Länderspielgegner, sondern auch zweite Heimat. Bereits mit 13 Jahren übersiedelte der heutige ÖFB-Teamkapitän von Mattsee nach München, wo er im Nachwuchs von 1860 München groß wurde und auch das Abitur souverän absolvierte. In Deutschland hat der Musterprofi – mit einer Unterbrechung von zwei Jahren bei Austria Wien – somit schon länger seinen Wohnsitz als in Österreich. Zudem stammt seine Frau, mit der er eine gemeinsame Tochter hat, aus Deutschland: „Es wird ein sehr spezielles Spiel“, sagt der 30-jährige Salzburger.
Baumgartlinger erlebt als Profi bei Bayer Leverkusen direkt mit, warum der deutsche Fußball so stark ist und im Gegensatz zu anderen Großen kaum einmal in eine Krise schlittert: „Wenn man auf diesem hohen Niveau einen Umbruch hat, ist die Fallhöhe gering“, erklärt der Mittelfeldspieler. „Es fängt schon in der Ausbildung der jungen Spieler an, die in ganz Deutschland auch in niedrigeren Klassen sehr professionell funktioniert. Es ist überall hervorragende Infrastruktur vorhanden, die finanzstarken Traditionsclubs erfüllen das Ganze mit Leben. In der Nationalmannschaft haben sie nach dem Weltmeistertitel sehr schnell wieder neue Spieler integriert. All das macht sie über Jahre so erfolgreich.“
So ist es nur logisch, dass es in den letzten neun Begegnungen Österreichs mit Deutschland neun Siege für den Favoriten gab. Drei Mal war Baumgartlinger selbst mit dabei, nur beim bislang letzten Spiel, dem 0:3 in der WM-Qualifikation, fehlte er wegen einer Gelbsperre. Was nimmt er aus den früheren Spielen mit? „Wir wissen, dass wir sie in Bedrängnis bringen können. Die Möglichkeiten waren da, etwas zu gewinnen“, sagt Baumgartlinger. „Aber es hat sich auch gezeigt, dass die Deutschen immer brutal effizient sind und über enorme individuelle Qualität verfügen.“
Was diesmal anders ist als bei den Niederlagen 2011 und 2012 (2:6 und 1:2) und 2013: Baumgartlinger führt Österreich als Kapitän aufs Spielfeld. Ein Gefühl, das er schon aus dem Nachwuchs kennt, wo ebenfalls ein Match gegen Deutschland ein Schlüsselerlebnis war: 2006 war er Kapitän von Österreichs U19-Team, das in Seekirchen auf Deutschland traf: „Ein ganz besonderer Tag. Ein Länderspiel in meiner Salzburger Heimat, und auf der Gegenseite standen spätere Weltmeister wie Mesut Özil und Jérôme Boateng.“Endergebnis: 1:0 – für die Deutschen. Julian Baumgartlinger glaubt daran, dass es heute einmal anders ausgehen kann: „Wir müssen an unser Limit gehen, dann ist etwas möglich.“