Mehr Solidarität für diese Frauen
Zum Leserbrief „Vom Punk zur Kopftuchträgerin“(SN, 24. 5.) von Frau Dr. Christa Bergmann:
Frau Hammad spricht im Beitrag von Marian Smetana (SN, 11. 5.) erfrischend offen und ungeniert von ihrem Glaubensweg als junge Muslima und darüber, das Kopftuch ganz persönlich als „spirituellen Draht zu Gott“zu verstehen und es beim Tragen in der Öffentlichkeit als einen Teil der Glaubenspraxis sichtbar zu machen.
In allen Religionen und zu allen Zeiten entwickelten gläubige Menschen auf der Grundlage ihrer heiligen Schriften vielfältige rituelle Praktiken und den dafür entsprechenden Gebrauch von Kleidung und Gegenständen, vermutlich, um den sogenannten „spirituellen Draht nach Oben“lebendig zu erhalten. Das zeitweise Ablegen gewählter/gebotener Kleidungsstücke geschieht nicht nur im Islam im Rahmen der Glaubenspraxis (auch Ordensleute gehen fall- weise in „Zivil“) und meint in der Regel nicht die Aufkündigung göttlicher Nähe und Verbundenheit. Leider ist das Ihre Vermutung bei Frau Hammad, sobald sie sich zu Hause des Kopftuches entledigt, und Sie unterstellen ihr obendrein noch Unehrlichkeit und religiöse Unglaubwürdigkeit. Aufgrund ihrer Erkenntnis der „Gottesgegenwärtigkeit im Bereich seelisch-geistiger Nacktheit“, die Sie sich für moderne, aufgeklärte Muslimas wünschen, wünsche ich Ihnen einen gelasseneren und befreiteren Blick auf religiöse Empfindungen und Lebensweisen anderer. Gerade die Erhabenheit göttlicher Erfahrung stärkt in uns Erfahrenden die Akzeptanz und das Aushalten von Diversität. Hier befinden wir uns nun auf der Grundlage für respektvolle interreligiöse Dialoge nach allen Richtungen. Wenn Sie dann ganz nebenbei bemerken, dass kopftuchtragende Muslimas allfällige Nachteile im Beruf selbst zu tragen hätten, sehe ich darin einen ernsthaften Kritikpunkt und frage mich: Wo ist die Solidarität mit diesen Frauen bei offensichtlicher Ungleichbehandlung, Benachteiligung, Intoleranz und Respektlosigkeit?! Petra Buchner 5110 Oberndorf