Was ein Patient für seine Heilung tun muss
Niemand kann zu einer medizinischen Therapie gezwungen werden. Aber dem Arzt nicht zu folgen kann teuer werden.
Der Erfolg einer ärztlichen Heilbehandlung hängt meist auch von der Mitwirkung des Patienten ab. Es ist daher grundsätzlich anerkannt, dass der Patient an den Heilungsbemühungen seines Arztes mitwirken muss, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) ist die sogenannte Schadensminderungspflicht verankert. Demnach ist jeder Geschädigte verpflichtet, seinen Schaden (auch Körperschaden) so gering wie möglich zu halten.
Es kann zwar niemand zu einer Heilbehandlung gezwungen werden, scheitert aber eine heilbringende Behandlung am Widerstand des Patienten, verstößt dieser gegen ebendiese Schadensminderungspflicht. Praktische Folgen sind zum Beispiel Anspruchsverluste gegenüber Unfallgegnern oder einem Arzt nach einem Behandlungsfehler. Voraussetzung dafür ist, dass der Patient schuldhaft, also zumindest leicht fahrlässig, Heilbehandlungen unterlässt oder deren Vornahme durch einen Arzt verweigert, obwohl diese geeignet wären, zum Beispiel Verletzungsfolgen abzuwehren oder die Beschwerden zu verringern. Die ärztliche Therapie muss dem Patienten auch möglich und zumutbar sein und objektiv betrachtet von einem verständigen Durchschnittsmenschen durchgeführt werden können.
Was heißt nun zumutbar? Neben objektiven Kriterien wie Gefahrlosigkeit der Heilbehandlung, geringe Schmerzen, Erfolgsaussichten, Behandlungs- und Genesungsdauer sind auch subjektive Kriterien des Patienten zu berücksichtigen. Dabei spielt die Aufklärung durch den Arzt eine wesentliche Rolle, denn der Patient muss den Ernst der Lage und die Sinnhaftigkeit der Heilbehandlung richtig erkennen können.
Ist die Mitwirkung dem Patienten unter Zugrundelegung dieser Kriterien nicht zumutbar, besteht keine Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Eine Weigerung des Patienten ist damit berechtigt und hat keine zivilrechtlichen Konsequenzen.
Zur Veranschaulichung der Folgen unterlassener Duldungs- und Mitwirkungspflichten des Patienten dient folgender Fall, den der Oberste Gerichtshof (OGH) zu bearbeiten hatte:
Nach einem ärztlichen Behandlungsfehler verschrieb der Arzt seiner Patientin eine Ergotherapie und wies sie ausdrücklich darauf hin, wie wichtig diese Therapie für den Behandlungserfolg und die Besserung ihrer Beschwerden ist. Die Patientin nahm diese Therapie jedoch nicht in Anspruch, da sie ihren Hund nicht allein lassen wollte. Erwiesenermaßen hätten sich die Beschwerden der Patientin innerhalb von wenigen Monaten um die Hälfte gebessert, hätte sie diese Therapie durchführen lassen. Die Ansprüche der Patientin schmälerten sich aufgrund der unterlassenen Heilbehandlungen beträchtlich.
Zumutbare Heilbehandlungen werden zum Teil auch aus religiösen Gründen abgelehnt, etwa von den Zeugen Jehovas.
In neuer Rechtsprechung urteilt der OGH dazu, dass die Freiheit der Gewissensentscheidung zwar zu respektieren ist, die daraus resultierenden nachteiligen Folgen aber derjenige zu tragen hat, der die Behandlung aus diesen Motiven verweigert.