Die Wiege Albaniens
Schöne Strände und günstige Preise. Auch Kultur und Kulinarik kommen nicht zu kurz – und das keine zwei Flugstunden von Österreich entfernt: Albanien ist eine schöne Unbekannte. Noch.
Was haben Hollywoodstar Michael Douglas, Ex-US-Präsident George Bush sen., Bud Spencer – aber auch Österreichs ehemaliger Bundespräsident Heinz Fischer – gemeinsam? „Sie alle haben unser Skanderbeg-Museum bereits besucht“, sagt Direktor Mehdi Hafizi nicht ohne Stolz – und führt uns durch sein Haus.
Skanderbeg. Noch nie gehört? Das ist jener hochdekorierte, zunächst osmanische Militärführer, der zum Gründervater seines Heimatlandes Albanien wurde – und bis heute ein Nationalheld. Denn er hat in der wechselvollen Geschichte des kleinen Volkes, das abwechselnd von Bulgaren, Serben, Venezianern und Osmanen beherrscht war, erstmals ein unabhängiges Albanien etabliert – wenn auch nur für 25 Jahre. Alles über den 1405 geborenen Feldherrn kann man im Skanderbeg-Museum in der zentralalbanischen Bergstadt Kruja erfahren, in der wiederaufgebauten und erweiterten Festungsanlage rund eine Autostunde von der Hauptstadt Tirana entfernt.
Dass Gäste aus Österreich im Westbalkan-Staat mit rund 2,8 Millionen Einwohnern besonders gern gesehen sind, hat mehrere Gründe, erläutert Museums-Guide Klodjan Loka: „Wir verdanken den Habsburgern, dass es 1912 erneut zur Gründung eines unabhängigen Staates Albanien kam.“Das sei bis heute unvergessen. Dann zeigt er uns Skanderbegs wichtigste Insignien – seinen mit einem Ziegenkopf geschmückten Helm sowie sein Schwert. „Hier im Museum sehen Sie aber nur Kopien. Die Originale sind im Kunsthistorischen Museum in Wien ausgestellt.“Auch dafür ist man Österreich dankbar. Denn die Habsburger haben die Stücke einst aus Neapel zurückgekauft, um sie ausstellen zu können.
Österreich macht sich aber auch aktuell verdient um den Aufbau des Tourismus in Albanien: Denn einzelne Projekte zur Qualitätsverbesserung in diesem Bereich werden aus Mitteln der Austrian Development Agency (ADA) gefördert. Deshalb fährt Heinz Habertheuer, Leiter des ADA-Büros in Albanien, mit uns hinauf in den DajtiNationalpark. Dort hat die ADA etwa die Markierung der über 20 Wanderwege finanziert. Und den Weg hinauf auf den Berg bewältigen wir übrigens mit einer Doppelmayr-Seilbahn. Zum Wandern und Mountainbiken gibt es hier genug Platz: Immerhin umfasst der großteils bewaldete Nationalpark 290 Quadratkilometer, wie Loreta Hysa, Vertreterin des regionalen Umweltzentrums, erklärt.
Nach Albanien kann man aber auch zum Baden kommen: Schon länger wegen ihrer Strände bekannt sind etwa Sarande und Ksamil. Die beiden Sommerdestinationen im Süden des Landes sind auch per Fähre von der nur wenige Kilometer entfernt liegenden griechischen Insel Korfu erreichbar. Aber auch eine etwa dreistündige Autofahrt von der Hauptstadt Tirana ins nördliche Nachbarland Montenegro zahlt sich aus: Denn hier lockt der malerische Badeort Budva. Kurz davor lohnt ein Abstecher zur Insel Sveti Stefan, ein ehemaliges Fischerdorf, das, wie Mont-Saint-Michel in Frankreich, nur mit einem schmalen Damm mit dem Festland verbunden ist.
Und auch ein ausführlicher Besuch der Hauptstadt Tirana sollte Teil einer Albanien-Rundreise sein. Raimond, unser Fahrer, führt uns zum Alten Markt – der inzwischen neu renoviert und, obwohl viel kleiner, durchaus mit dem Wiener Naschmarkt vergleichbar ist. Nur: Der Fisch hier ist tatsächlich fangfrisch – hat Albanien doch 362 Kilometer Küste zu bieten. Weithin bekannt ist die Metropole mit über 600.000 Einwohnern ohnehin wegen ihrer bunt bemalten Wohnhäuser.
Ein Besuch von Shkodra am darauffolgenden Tag führt uns in jene Zeit, als die fünftgrößte Stadt im Norden Albaniens – wie die gesamte Küstenlinie – von den Venezianern beherrscht war: Die vielen Bauten mit italienischem Flair in der Fußgängerzone zeugen noch heute von dieser Ära.
Auch Ostblock-Nostalgiker kommen in Albanien auf ihre Rechnung: Denn neben realsozialistischen Baudenkmälern und einer Stalin-Statue gibt es im Land noch Zehntausende Bunker sowie ein eigenes Bunkermuseum in Tirana. Und obwohl Langzeit-Diktator Enver Hoxha das Land seinerzeit zum ersten atheistischen Staat der Welt ausgerufen hat, hat er es nicht geschafft, die Popularität von Anjezë Gonxha, besser bekannt als Mutter Teresa, zu verhindern: Die später heiliggesprochene Ordensschwester, nach der sogar der Flughafen von Tirana benannt ist, entstammt einer albanischen Familie und gilt, obwohl in Mazedonien geboren, als bekanntester „Exportartikel“des Landes.
Dass die Mehrheit der Albaner Muslime sind, ein Teil aber auch orthodox, katholisch oder evangelisch, habe sich auf das Land eigentlich positiv ausgewirkt, erzählt uns Raimond beim abschließenden Spaziergang durch Tirana: „Mein Vater ist orthodox, meine Mutter ist Muslimin. Hochzeiten zwischen Angehörigen verschiedener Religionen waren in Albanien noch nie ein Problem.“