Wird der Sommer heiß und nass?
Vieles deutet darauf hin, dass die derzeit hohen Temperaturen auch im Juli und August anhalten. Eine Garantie für einen Sommer mit Sonne, Eis und Badestrand ist das aber noch lang nicht.
Die Meteorologen wagen eine Prognose: Der Sommer wird warm. Trotzdem könnte er ungemütlich werden.
„Eine Gewitterwolke kann mehrere Millionen Liter Wasser speichern.“Thomas Wostal, Meteorologe
WIEN. Seit einem Vierteljahrtausend dokumentieren Österreichs Meteorologen das heimische Wetter. Doch so viele Rekorde und Spitzenwerte wie zuletzt wurden in den 250 Jahren noch selten erzielt. Beispiel 2018: Der Jänner war der drittwärmste, der April der zweit- und der Mai der viertwärmste der Messgeschichte. Auch der Juni macht bisher keine Anstalten, aus der Reihe zu tanzen. Kann man daraus Schlüsse auf den heurigen Sommer ziehen? Thomas Wostal von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik auf der Hohen Warte in Wien sagt vorsichtig: „Ja.“Und mit etwas Zurückhaltung ergänzt der Meteorologe: „Es deutet einiges darauf hin, dass es ein warmer Sommer wird.“
Ausgerechnet der Klimawandel erleichtert den Wetterforschern indirekt die Vorhersage. „Wenn die Temperaturunterschiede zwischen kühlen und warmen Regionen der Erde geringer werden, geht auch einiges an Dynamik verloren. Die Hochs und Tiefs wandern langsamer“, erklärt Wostal. Soll heißen: Hitzewellen dauern heute länger als früher.
Die offenbar günstige Prognose für einen heißen Sommer bedeutet aber noch lang nicht, dass dieser auch als solcher empfunden wird.
Stichwort Gewitter: Warum derzeit vor allem in der Steiermark und in Teilen Kärntens aufgrund schwerer Unwetter „Land unter“herrscht, liegt für Wostal auf der Hand: „Gewitter brauchen Wärme und Feuchte. Die zwei Bundesländer kriegen von der im Süden stehenden Sonne am meisten ab. Außerdem ist das Mittelmeer nicht weit und bringt feuchte Luft.“Dazu komme, dass es heuer im Süden Österreichs um 75 Prozent mehr Niederschlag gegeben habe als im Schnitt, im Norden aber um 80 Prozent weniger.
Streicht dann noch eine kühle Brise über die Alpen in den Süden, dann ist es in der Höhe kalt und im Tal heiß. Wostal: „Eine explosive Mischung für Gewitter.“Und noch etwas trage entscheidend dazu bei, dass Flüsse und Bäche in Minutenschnelle über die Ufer treten. „Wir haben eine schwache Hochdrucklage, es bewegt sich nichts, es gibt kaum Wind“, sagt der Meteorologe. „Entstehen Gewitter, ziehen sie nicht vorüber, sondern regnen punktgenau ab. Wenn man bedenkt, dass eine Wolke Millionen Liter Wasser speichert, dann kommt da schon einiges runter.“
Gänzlich anders stellt sich die Situation an der Alpennordseite dar. Dort gibt es weniger „hausgemachte“Gewitter, auch deshalb, weil die Böden deutlich trockener sind.
Was Langzeitprognosen betrifft – also Vorhersagen über zehn Tage hinaus –, tun sich die Forscher immer noch schwer. „Sie werden besser, sind aber noch lang nicht gut“, sagt Wostal. Doch Fakt ist: „Was wir seit Langem beobachten: Die Monate werden immer wärmer.“Auch wenn es hie und da Schwankungen gebe – das Niveau steige. „Der Temperaturanstieg ist massiv. Weltweit ist es knapp ein Grad, in den Alpen sind es zwei Grad. Das klingt wenig, ist aber sehr viel.“
Beispiel Wien: Da hat die ZAMG errechnet, dass Hitzetage, also Tage mit mehr als 30 Grad Celsius, in den vergangenen Jahrzehnten um rund 50 Prozent häufiger geworden sind. Ähnliches gilt für Tropennächte, also Nächte mit mehr als 20 Grad.
Fazit: Ein heißer Sommer muss noch lang kein perfekter Sommer sein. Meteorologe Wostal warnt vor allzu viel Euphorie: „Der Sommer 2016 zum Beispiel war einer wärmsten der Messgeschichte. Er war allerdings auch einer der nassesten.“