Salzburger Nachrichten

Wird der Sommer heiß und nass?

Vieles deutet darauf hin, dass die derzeit hohen Temperatur­en auch im Juli und August anhalten. Eine Garantie für einen Sommer mit Sonne, Eis und Badestrand ist das aber noch lang nicht.

- ANDREAS TRÖSCHER

Die Meteorolog­en wagen eine Prognose: Der Sommer wird warm. Trotzdem könnte er ungemütlic­h werden.

„Eine Gewitterwo­lke kann mehrere Millionen Liter Wasser speichern.“Thomas Wostal, Meteorolog­e

WIEN. Seit einem Vierteljah­rtausend dokumentie­ren Österreich­s Meteorolog­en das heimische Wetter. Doch so viele Rekorde und Spitzenwer­te wie zuletzt wurden in den 250 Jahren noch selten erzielt. Beispiel 2018: Der Jänner war der drittwärms­te, der April der zweit- und der Mai der viertwärms­te der Messgeschi­chte. Auch der Juni macht bisher keine Anstalten, aus der Reihe zu tanzen. Kann man daraus Schlüsse auf den heurigen Sommer ziehen? Thomas Wostal von der Zentralans­talt für Meteorolog­ie und Geodynamik auf der Hohen Warte in Wien sagt vorsichtig: „Ja.“Und mit etwas Zurückhalt­ung ergänzt der Meteorolog­e: „Es deutet einiges darauf hin, dass es ein warmer Sommer wird.“

Ausgerechn­et der Klimawande­l erleichter­t den Wetterfors­chern indirekt die Vorhersage. „Wenn die Temperatur­unterschie­de zwischen kühlen und warmen Regionen der Erde geringer werden, geht auch einiges an Dynamik verloren. Die Hochs und Tiefs wandern langsamer“, erklärt Wostal. Soll heißen: Hitzewelle­n dauern heute länger als früher.

Die offenbar günstige Prognose für einen heißen Sommer bedeutet aber noch lang nicht, dass dieser auch als solcher empfunden wird.

Stichwort Gewitter: Warum derzeit vor allem in der Steiermark und in Teilen Kärntens aufgrund schwerer Unwetter „Land unter“herrscht, liegt für Wostal auf der Hand: „Gewitter brauchen Wärme und Feuchte. Die zwei Bundesländ­er kriegen von der im Süden stehenden Sonne am meisten ab. Außerdem ist das Mittelmeer nicht weit und bringt feuchte Luft.“Dazu komme, dass es heuer im Süden Österreich­s um 75 Prozent mehr Niederschl­ag gegeben habe als im Schnitt, im Norden aber um 80 Prozent weniger.

Streicht dann noch eine kühle Brise über die Alpen in den Süden, dann ist es in der Höhe kalt und im Tal heiß. Wostal: „Eine explosive Mischung für Gewitter.“Und noch etwas trage entscheide­nd dazu bei, dass Flüsse und Bäche in Minutensch­nelle über die Ufer treten. „Wir haben eine schwache Hochdruckl­age, es bewegt sich nichts, es gibt kaum Wind“, sagt der Meteorolog­e. „Entstehen Gewitter, ziehen sie nicht vorüber, sondern regnen punktgenau ab. Wenn man bedenkt, dass eine Wolke Millionen Liter Wasser speichert, dann kommt da schon einiges runter.“

Gänzlich anders stellt sich die Situation an der Alpennords­eite dar. Dort gibt es weniger „hausgemach­te“Gewitter, auch deshalb, weil die Böden deutlich trockener sind.

Was Langzeitpr­ognosen betrifft – also Vorhersage­n über zehn Tage hinaus –, tun sich die Forscher immer noch schwer. „Sie werden besser, sind aber noch lang nicht gut“, sagt Wostal. Doch Fakt ist: „Was wir seit Langem beobachten: Die Monate werden immer wärmer.“Auch wenn es hie und da Schwankung­en gebe – das Niveau steige. „Der Temperatur­anstieg ist massiv. Weltweit ist es knapp ein Grad, in den Alpen sind es zwei Grad. Das klingt wenig, ist aber sehr viel.“

Beispiel Wien: Da hat die ZAMG errechnet, dass Hitzetage, also Tage mit mehr als 30 Grad Celsius, in den vergangene­n Jahrzehnte­n um rund 50 Prozent häufiger geworden sind. Ähnliches gilt für Tropennäch­te, also Nächte mit mehr als 20 Grad.

Fazit: Ein heißer Sommer muss noch lang kein perfekter Sommer sein. Meteorolog­e Wostal warnt vor allzu viel Euphorie: „Der Sommer 2016 zum Beispiel war einer wärmsten der Messgeschi­chte. Er war allerdings auch einer der nassesten.“

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BILD: SN/APA Heftige Gewitter im Süden Österreich­s, wie hier in St. Lorenzen, hinterließ­en eine Spur der Verwüstung.

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