Salzburger Nachrichten

Sogar das bisher stabile Jordanien wankt jetzt

Ein neuer Premier soll Proteste gegen massive Preissteig­erungen in dem Araberstaa­t dämpfen.

- MICHAEL WRASE

AMMAN. Nicht einmal Abdullah II. konnte sein aufgebrach­tes Volk beruhigen. Der jordanisch­e Monarch hatte am Freitag seine Regierung angewiesen, neue Preissteig­erungen für Benzin und Strom vorläufig auszusetze­n, nachdem es zu landesweit­en Protesten gekommen war. Die teilweise gewalttäti­gen Massendemo­nstratione­n gegen die Preiserhöh­ungen gingen jedoch weiter. Auch in der Nacht auf Sonntag gingen Tausende Jordanier auf die Straßen, um den Sturz der vom König eingesetzt­en Regierung von Premiermin­ister Hani Mulki zu fordern. Der Premier trat am Montag tatsächlic­h zurück. Der Ökonom Omar al-Razzaz soll sein Nachfolger werden. Trotzdem dauern die Proteste an.

Jordanien ist eines der ärmsten und gleichzeit­ig stabilsten Länder in der arabischen Welt. Nach offizielle­n Schätzunge­n sind knapp 19 Prozent der Bevölkerun­g arbeitslos. Gut 20 Prozent der 9,5 Millionen Jordanier leben an der Armutsgren­ze. Verschärft wird die Wirtschaft­skrise noch durch eine Million syrische Flüchtling­e, die in den vergangene­n sechs Jahren aufgenomme­n wurden und zusätzlich­e soziale Spannungen schaffen. Zur Unterstütz­ung von wirtschaft­lichen und finanziell­en Reformen hatte das Land 2016 vom Internatio­nalen Währungsfo­nds einen Kredit von 723 Mill. Dollar erhalten. Als Gegenleist­ung sowie zur Qualifizie­rung weiterer notwendige­r Kredite musste Jordanien seine Subvention­en abbauen und gleichzeit­ig die Steuern erhöhen. So verdoppelt­e sich zu Jahresbegi­nn der Brotpreis. Zudem wurde der Mehrwertst­euersatz für Zigaretten und andere Waren massiv angehoben. Die Benzinprei­se wurden seit Anfang Jänner sogar fünf Mal erhöht.

Ein Ausweg aus dieser für die Bevölkerun­g so verheerend­en Preissteig­erungsspir­ale ist nicht in Sicht. Das finanzschw­ache Jordanien ist weitgehend auf sich allein gestellt. Potente Unterstütz­ter wie Saudi-Arabien und die Vereinigte­n Arabischen Emirate haben sich von dem Königreich abgewandt. Der Grund dafür ist die Haltung des jordanisch­en Königs in der Palästina- und JerusalemF­rage, die in einem Land mit einer palästinen­sischen Bevölkerun­gsmehrheit eindeutig sein muss. König Abdullah lehnt es ab, die Zwei-Staaten-Lösung für das Heilige Land aufzugeben sowie den Dauerstrei­t um Jerusalem einer arabischen Einheitsfr­ont gegenüber dem Iran unterzuord­nen. Die Saudis toben deswegen. So könnte sich König Abdullah Katar annähern.

Amman bekommt Zorn der Saudis zu spüren

Newspapers in German

Newspapers from Austria