Sogar das bisher stabile Jordanien wankt jetzt
Ein neuer Premier soll Proteste gegen massive Preissteigerungen in dem Araberstaat dämpfen.
AMMAN. Nicht einmal Abdullah II. konnte sein aufgebrachtes Volk beruhigen. Der jordanische Monarch hatte am Freitag seine Regierung angewiesen, neue Preissteigerungen für Benzin und Strom vorläufig auszusetzen, nachdem es zu landesweiten Protesten gekommen war. Die teilweise gewalttätigen Massendemonstrationen gegen die Preiserhöhungen gingen jedoch weiter. Auch in der Nacht auf Sonntag gingen Tausende Jordanier auf die Straßen, um den Sturz der vom König eingesetzten Regierung von Premierminister Hani Mulki zu fordern. Der Premier trat am Montag tatsächlich zurück. Der Ökonom Omar al-Razzaz soll sein Nachfolger werden. Trotzdem dauern die Proteste an.
Jordanien ist eines der ärmsten und gleichzeitig stabilsten Länder in der arabischen Welt. Nach offiziellen Schätzungen sind knapp 19 Prozent der Bevölkerung arbeitslos. Gut 20 Prozent der 9,5 Millionen Jordanier leben an der Armutsgrenze. Verschärft wird die Wirtschaftskrise noch durch eine Million syrische Flüchtlinge, die in den vergangenen sechs Jahren aufgenommen wurden und zusätzliche soziale Spannungen schaffen. Zur Unterstützung von wirtschaftlichen und finanziellen Reformen hatte das Land 2016 vom Internationalen Währungsfonds einen Kredit von 723 Mill. Dollar erhalten. Als Gegenleistung sowie zur Qualifizierung weiterer notwendiger Kredite musste Jordanien seine Subventionen abbauen und gleichzeitig die Steuern erhöhen. So verdoppelte sich zu Jahresbeginn der Brotpreis. Zudem wurde der Mehrwertsteuersatz für Zigaretten und andere Waren massiv angehoben. Die Benzinpreise wurden seit Anfang Jänner sogar fünf Mal erhöht.
Ein Ausweg aus dieser für die Bevölkerung so verheerenden Preissteigerungsspirale ist nicht in Sicht. Das finanzschwache Jordanien ist weitgehend auf sich allein gestellt. Potente Unterstützter wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich von dem Königreich abgewandt. Der Grund dafür ist die Haltung des jordanischen Königs in der Palästina- und JerusalemFrage, die in einem Land mit einer palästinensischen Bevölkerungsmehrheit eindeutig sein muss. König Abdullah lehnt es ab, die Zwei-Staaten-Lösung für das Heilige Land aufzugeben sowie den Dauerstreit um Jerusalem einer arabischen Einheitsfront gegenüber dem Iran unterzuordnen. Die Saudis toben deswegen. So könnte sich König Abdullah Katar annähern.
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