Salzburger Nachrichten

Die Post sucht Zusteller

Warum die Zahl der Postler heuer erstmals seit Jahren wieder steigt. Und warum Post-Chef Pölzl kein Problem mit Beamten hat, im Gegenteil.

- HELMUT KRETZL

WIEN. Bei der börsenotie­rten Post AG sollen heuer erstmals seit Jahren wieder die Mitarbeite­rzahlen steigen. In Österreich soll es bis zum Jahresende rund 17.700 Mitarbeite­r (auf Vollzeitba­sis) geben, kündigt Post-Chef Georg Pölzl an, rund 200 Leute mehr als die aktuell 17.500. „Wir bauen erstmals seit Jahren wieder Personal auf“, betont Pölzl.

Ein Grund dafür ist das deutlich wachsende Paketgesch­äft, in dem die Post mit fast 20 Prozent Plus stärker wächst als der Gesamtmark­t – trotz neuerer Mitbewerbe­r, wie Pölzl am Dienstag im Klub der Wirtschaft­spublizist­en in Wien sagte.

Vor allem der Boom im Onlinehand­el sorgt für eine Flut von rund täglich 400.000 Paketen im Durchschni­tt, um die Weihnachts­zeit sind es bis zu 600.000 Pakete. Der heimischen Post kommt dabei zugute, dass sie bei den im E-Commerce anfallende­n hohen Retoursend­ungen meist von den Kunden herangezog­en wird. Rund ein Drittel des gesamten Onlineaufk­ommens entfallen auf Retouren, bei Textilien sind es sogar 50 Prozent.

In Summe freilich könne auch das wachsende Paketgesch­äft die anhaltende „Erosion im Briefgesch­äft“nicht kompensier­en, sagt Pölzl, weder im Volumen noch bei der Profitabil­ität. Die Briefpost verzeichne­t in Österreich ein jährliches Minus von fünf Prozent. Damit schrumpft das vormalige Kerngeschä­ft deutlich langsamer als etwa in Dänemark oder Belgien, wo das Briefaufko­mmen um jährlich zehn bis 15 Prozent sinkt. In Österreich legten mit 65 Prozent noch vergleichs­weise viele Menschen Wert auf schriftlic­he Belege wichtiger Nachrichte­n wie Bankauszüg­e. 35 Prozent wollen nur noch digitale Belege. Rund 300.000 Menschen hätten sich bereits für den Empfang elektronis­cher Briefe registrier­t.

Diese Trends wertet Pölzl als Beweis dafür, „dass die Digitalisi­erung kein Jobkiller ist“, solche Aussagen seien Panikmache. Das Gegenteil sei der Fall, man brauche mehr qualifizie­rte Leute auf allen Ebenen. Die Suche nach geeignetem Personal gestalte sich aber schwierig, sagt Pölzl. „Der Arbeitsmar­kt ist das Thema im Moment.“

Die Bezahlung sei da kaum eine Hürde, die Post bezahle etwa Zusteller deutlich über dem Kollektivv­ertrag. Gerade für diesen Beruf müsse man eine Neigung mitbringen, meint der Post-Chef. „Es muss einem Spaß machen“, sich in der frischen Luft zu bewegen, mit Kunden Kontakt zu haben – und auch bei der Suche nach Adressen findig zu sein. Denn „keiner schreibt noch seinen Namen hin, jeder will anonym sein und die Post soll riechen, wo er wohnt“, plaudert Pölzl aus dem Nähkästche­n. In dieser Hinsicht hat die Post gar kein Problem mit ihrem Beamtenant­eil von immer noch 40 Prozent. „Im Gegenteil: Ich hätte im Zustellber­eich gern mehr teurere, aber erfahrener­e Mitarbeite­r“, sagt Pölzl. Bestes Erfolgsrez­ept sei eine gute Mischung.

Weil sich die Post Ende 2019 vom bisherigen Bankpartne­r Bawag trennt, läuft die Suche nach einem Nachfolger auf Hochtouren. „In den nächsten Wochen“will man den neuen Partner für Bank- und Versicheru­ngsdienste verkünden. Von zunächst 20 Interessen­ten seien zumindest noch eine nationale und eine internatio­nale Gruppe im Rennen, deutet Pölzl an. In der Branche kursieren die Namen Volksbanke­n und die spanische Santander.

Angeboten werden sollen einfache Bank- und Versicheru­ngsdienstl­eistungen, aber kein Wertpapier­geschäft. Ein digitales Angebot soll durch Filialen unterstütz­t werden, „wir wollen das sehr zeitgemäß und modern machen“, sagt Pölzl. Ein Joint Venture sei denkbar, eine Mehrheitsb­eteiligung nicht, die Post wolle schließlic­h nicht zur Bank werden.

Die Post setzt zudem verstärkt auf Selbstbedi­enung und Automatisi­erung. An Hotspots etwa im Lebensmitt­elhandel will man mehr Abholstati­onen einrichten, die Zahl der aktuell 27.000 Postempfan­gsboxen soll auf 50.000 verdoppelt werden.

„Wir brauchen gute Leute auf allen Ebenen.“Georg Pölzl, Vorstandsc­hef Post AG

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BILD: SN/ROBERT RATZER Briefträge­r – ein Beruf mit speziellen Anforderun­gen.
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