Droht ein staatliches Gängelband?
Schon gibt es Kritik an der Medienenquete als „Pseudodiskurs“.
WIEN. Die Plattform „Wir für den ORF“organisiert eine Gegenveranstaltung zur Medienenquete der Regierung: Die „bessere Medienenquete“. „Ich fürchte, man wird es miteinander nett haben wollen und nicht gestört werden“, formulierte Gerhard Ruiss (IG Autorinnen und Autoren) die niedrigen Erwartungen seiner Plattform.
Das Programm der Enquete lese sich zwar „gefällig“; in der medienpolitischen Sache würden ÖVP und FPÖ aber dann wohl „rigoros“vorgehen, befürchtet Ruiss. Man sehe sich daher in der Rolle als „kritische Zwischenrufer“. Wesentliche medienund gesellschaftspolitische Themen würden im Programm für die Enquete ausgeblendet.
So nimmt etwa Mediensoziologin Eva Flicker mit „maximalem Erstaunen“ zur Kenntnis, dass kaum Wissenschaft zu Wort komme. Die Medienenquete macht ihrer Ansicht nach „den Eindruck von Pseudodiskurs“.
Rubina Möhring (Reporter ohne Grenzen Österreich) warnte vor Versuchen, den ORF ans staatliche Gängelband zu nehmen, ebenso wie Schauspieler Cornelius Obonya und der frühere ORF-Radiomoderator Udo Bachmair. „Wir brauchen den ORF als öffentlich-rechtliche Anstalt, nicht als Staatsfernsehen und Staatsrundfunk“, so Möhring. Die Programmpunkte der Enquete findet sie „sehr diffus“.
Ökonom Stephan Schulmeister fände es wichtig, „dass wir wieder lernen: Aufklärung, Förderung des sozialen Zusammenhaltes, Förderung von Kultur“– alles Aufgabe der Medien – „sind ihrem Wesen nach öffentliche Güter“. Rein marktgetrieben könne dieser Sektor nicht funktionieren. Den Stellenwert von freien Medien betonte Helga Schwarzwald (Verband der Freien Radios). Diese seien lokal verankert, leisteten eine Einbindung der Bürger, die weder ORF noch Private zustande brächten, und einen wesentlichen Beitrag zur Medienbildung.
Die Kundgebung für eine „bessere öffentliche Medienenquete“findet am 6. Juni ab 18 Uhr am Wiener Karlsplatz statt. Es sprechen „Falter“-Herausgeber Armin Thurnher, Autorin Ingrid Brodnig, die Kabarettisten Florian Scheuba und Thomas Maurer, Volkshilfe-Chef Erich Fenninger oder der frühere ORF-Programmdirektor Wolfgang Lorenz.