Nur eine EU-Abneigung eint die Italo-Populisten
Italiens neue Regierung startet. Die ungleichen Koalitionspartner in Rom werden auf den Prüfstand harter Realitäten gestellt.
Jetzt muss die unnatürliche Allianz aus ursprünglich linker Fünf-Sterne-Bewegung und rechtsnationaler Lega zeigen, ob sie mit allzu simplen Patentrezepten Italien tatsächlich aus dem Schlamassel in eine bessere Zukunft steuern kann. Oder ob sie mit ihren waghalsigen Versprechungen das Land in eine finanzielle Katastrophe führt, die ganze EU (weiter) destabilisiert und mit einer außenpolitischen Wende hin zu Präsident Wladimir Putins Russland die westliche Sicherheitsarchitektur gefährdet.
Wenn Fünf Sterne und Lega aber schnell erkennen, dass die Bäume ihrer „Anti-System-Revolution“nicht in den Himmel wachsen, dass sie die Regeln der von Italien freiwillig unterschriebenen europäischen Verträge einhalten müssen, könnten Risiken und Schäden aus dem Experiment dieser verstörenden Regierungskoalition begrenzt werden.
Mit dem Vertrauensvotum am Dienstagabend im Senat und am Mittwochabend in der Deputiertenkammer hat der Alltag für die Regierung des politisch unerfahrenen Rechtsprofessors Giuseppe Conte begonnen. Das sollten auch militante Aktivisten wie Lega-Chef und Innenminister Matteo Salvini begreifen, der sich immer noch im Wahlkampfmodus befindet, auch wenn er nun mit Krawatte herumläuft und nicht mehr mit einem T-Shirt mit einem Raupenbagger drauf. Mit einem solchen Gerät wollte er schon einmal die verhassten Lager der Sinti und Roma beiseiteschieben. Wie Salvini seine aktuelle Drohung gegen Flüchtlinge umsetzen will, „das Wohlleben vor dem Fernseher im Hotel“auf Kosten der Italiener sei zu Ende, ließ er noch offen. Mit seiner Bemerkung, aus Tunesien kämen „Gauner“, hat er als Minister gleich die Beziehung zu einem der wenigen Länder belastet, mit denen Italien ein Abkommen über die Rücknahme von Flüchtlingen hat.
Will der politisch erfahrene Innenminister mit solchem Getöse zur Freude des Stammtisches die Meinungshoheit in der neuen Regierung markieren? Oder will er – derzeit in schier unglaublichen Umfragehöhen von 28,5 Prozent – sich bereits wappnen für einen Bruch der Koalition? Es ist schwer vorstellbar, dass zusammenwächst, was nicht zusammengehört. Die Fünf Sterne und die Lega trennen Welten.
Da, wo er an der Macht ist, unterminiert Populismus in der Regel die repräsentative Demokratie. Er schränkt die Pressefreiheit ein und bezieht an den verfassungsmäßigen Institutionen vorbei seine Legitimation direkt aus dem Volkswillen. Das möge Italien erspart bleiben.