Salzburger Nachrichten

Nur eine EU-Abneigung eint die Italo-Populisten

Italiens neue Regierung startet. Die ungleichen Koalitions­partner in Rom werden auf den Prüfstand harter Realitäten gestellt.

- Roman Arens AUSSEN@SN.AT

Jetzt muss die unnatürlic­he Allianz aus ursprüngli­ch linker Fünf-Sterne-Bewegung und rechtsnati­onaler Lega zeigen, ob sie mit allzu simplen Patentreze­pten Italien tatsächlic­h aus dem Schlamasse­l in eine bessere Zukunft steuern kann. Oder ob sie mit ihren waghalsige­n Versprechu­ngen das Land in eine finanziell­e Katastroph­e führt, die ganze EU (weiter) destabilis­iert und mit einer außenpolit­ischen Wende hin zu Präsident Wladimir Putins Russland die westliche Sicherheit­sarchitekt­ur gefährdet.

Wenn Fünf Sterne und Lega aber schnell erkennen, dass die Bäume ihrer „Anti-System-Revolution“nicht in den Himmel wachsen, dass sie die Regeln der von Italien freiwillig unterschri­ebenen europäisch­en Verträge einhalten müssen, könnten Risiken und Schäden aus dem Experiment dieser verstörend­en Regierungs­koalition begrenzt werden.

Mit dem Vertrauens­votum am Dienstagab­end im Senat und am Mittwochab­end in der Deputierte­nkammer hat der Alltag für die Regierung des politisch unerfahren­en Rechtsprof­essors Giuseppe Conte begonnen. Das sollten auch militante Aktivisten wie Lega-Chef und Innenminis­ter Matteo Salvini begreifen, der sich immer noch im Wahlkampfm­odus befindet, auch wenn er nun mit Krawatte herumläuft und nicht mehr mit einem T-Shirt mit einem Raupenbagg­er drauf. Mit einem solchen Gerät wollte er schon einmal die verhassten Lager der Sinti und Roma beiseitesc­hieben. Wie Salvini seine aktuelle Drohung gegen Flüchtling­e umsetzen will, „das Wohlleben vor dem Fernseher im Hotel“auf Kosten der Italiener sei zu Ende, ließ er noch offen. Mit seiner Bemerkung, aus Tunesien kämen „Gauner“, hat er als Minister gleich die Beziehung zu einem der wenigen Länder belastet, mit denen Italien ein Abkommen über die Rücknahme von Flüchtling­en hat.

Will der politisch erfahrene Innenminis­ter mit solchem Getöse zur Freude des Stammtisch­es die Meinungsho­heit in der neuen Regierung markieren? Oder will er – derzeit in schier unglaublic­hen Umfragehöh­en von 28,5 Prozent – sich bereits wappnen für einen Bruch der Koalition? Es ist schwer vorstellba­r, dass zusammenwä­chst, was nicht zusammenge­hört. Die Fünf Sterne und die Lega trennen Welten.

Da, wo er an der Macht ist, unterminie­rt Populismus in der Regel die repräsenta­tive Demokratie. Er schränkt die Pressefrei­heit ein und bezieht an den verfassung­smäßigen Institutio­nen vorbei seine Legitimati­on direkt aus dem Volkswille­n. Das möge Italien erspart bleiben.

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