Kanzler und Regierungsmitglieder saßen im Flugzeug nach Brüssel. Da stellen sich interessante sicherheitspolitische Fragen.
„Teure Klassenfahrt“Manch Minister klagte am Mittwoch, dass er kurz nach vier Uhr früh hatte aufstehen müssen. Die Opposition kritisierte eine „unnötige und teure Klassenfahrt des Ministerrats“nach Brüssel. Aber Sorgen darüber, dass sich fast die gesamte Bundesregierung in einem Flugzeug befand, was im Falle einer Flugzeugkatastrophe das Land führungslos zurückgelassen hätte, machte sich offenbar niemand. KurzundzehnMinisterimJet Kanzler Kurz , Vizekanzler Strache und neun Minister saßen am Mittwoch in der Austrian-Maschine nach Brüssel. Die Minister Josef Moser, Herbert Kickl und Mario Kunasek waren auf andere Weise angereist – aber nicht aus Sicherheitsgründen. Sie waren zuvor in Luxemburg bzw. hatten NATO-Termine. Die SNAnfrage, ob es spezielle Vorgaben gebe, laut denen nicht die ganze Regierung in einem Flugzeug unterwegs sein dürfe, wurde von einem Kanzler-Sprecher verneint. Strenge Vorgaben bei Konzernen Bei großen Konzernen gelten dagegen meist strenge Reiseregelungen. Viele große Firmen begrenzen die Anzahl von Vorständen, die in derselben Maschine reisen dürfen, um das Unternehmen im Fall eines Flugunfalls nicht handlungsunfähig zurückzulassen. Es gibt sogar Reiserichtlinien bei großen Banken, die nur eine bestimmte Anzahl von Angestellten in einem Flugzeug erlauben, um zu vermeiden, dass nach einem Unfall ganze Abteilungen nicht mehr arbeitsfähig wären. Und es wird immer wieder von vielfliegenden Eltern berichtet, die stets getrennt fliegen, damit im Fall eines Crashs jemand weiter für die Kinder da ist. Sorglose Politik Auch in Deutschland ist es mangels konkreter Vorschriften immer wieder vorgekommen, dass fast die ganze Regierung in einem Flugzeug saß. Dies wurde nach dem Absturz einer polnischen Maschine, bei dem vor acht Jahren Präsident Lech Kaczyński und ein großer Teil der politischen und kulturellen Elite Polens ums Leben kamen, bekannt. Selbst in den USA gibt es keine dezidierten Regelungen. Es gilt allerdings als absolutes Tabu, dass der Präsident und sein Vize dasselbe Flugzeug besteigen. „Auserwählter Überlebender“In den USA machte man sich stets eher Sorgen um einen Nuklearangriff auf Washington. Bei bestimmten Anlässen, bei denen Präsident, Vize, Kabinett und Mitglieder des Kongresses zeitgleich zusammenkommen, wie die Rede zur Lage der Nation, Ansprachen des Präsidenten im Kongress oder die Amtseinführung des Präsidenten, wird ein „designated survivor“bestimmt. Es ist ein Kabinettsmitglied, das an einem geheimen Ort untergebracht wird, um im schlimmsten Fall die Geschäfte fortzuführen.