Salzburger Nachrichten

Viele offene Fragen zur Zukunft der Medien

Minister Blümel lädt zur großen Medienenqu­ete. Ergebnisof­fen. Offen ist auch, ob man dabei über die ORF-Gebühren hinauskomm­t.

-

WIEN. Die Agenda der Medienenqu­ete, die heute, Donnerstag, im Museumsqua­rtier in Wien beginnt, liest sich wie ein Aufriss aktueller Problemfel­der der Medienbran­che: Wie kann der Medienstan­dort Europa gestärkt werden? Wie können Medien neue Allianzen bilden? Ist das Selbstvers­tändnis des ORF zeitgemäß und zukunftsor­ientiert? Welche Perspektiv­en gibt es für die Ertragskra­ft im Medienstan­dort Österreich? Was tun gegen den Vertrauens­verlust der Medien? Wie kann die österreich­ische Identität im digitalen Raum bewahrt werden? Medienmini­ster Gernot Blümel von der ÖVP hat für die kommenden zwei Tage ein buntes Programm vorgegeben. Es würden bei der Medienenqu­ete aber keine „Lösungen“präsentier­t, dafür die richtigen Fragen gestellt werden, schraubte der Minister die Erwartunge­n im Vorfeld immer wieder herunter.

Nach den zwei Tagen Diskussion soll es dann aber schnell gehen. Noch heuer will die Regierung konkrete Gesetzesvo­rhaben präsentier­en. Beobachter gehen davon aus, dass einige davon bereits in der Schublade liegen. Befürchtet wird auch, dass aus der Enquete kaum mehr wird als eine Diskussion über den ORF mit darauf folgender Gesetzesno­velle.

Dabei wären Aufgaben und Erwartunge­n groß. Die ÖVP hält sich mit Erwartunge­n bedeckt. Einige Vorstellun­gen der Kanzlerpar­tei finden sich im Regierungs­programm: Der öffentlich-rechtliche Auftrag solle einer „Weiterentw­icklung“und „Schärfung“unterzogen werden. Und: ORF und Private sollen eine „gemeinsame digitale Vermarktun­gsplattfor­m“bilden. Medienmini­ster Blümel spricht in diesem Zusammenha­ng gern davon, dass der ORF eine „Schuhlöffe­l- Funktion“für die Privaten übernehmen solle. Dies alarmiert den ORF, der seine eigenprodu­zierten Inhalte nicht teilen möchte.

Konkrete Vorstellun­gen hat Regierungs­partner FPÖ. So soll der ORF, der etwa 625 Millionen Euro jährlich an Rundfunkge­bühren bekommt, künftig nicht mehr über die GIS-Gebühren, sondern über das Budget finanziert werden. Was die Unabhängig­keit des öffentlich­en Rundfunks ein gutes Stück beschneide­n würde. Denn der ORFGeneral müsste dann alljährlic­h zur Regierung pilgern, um die Finanzieru­ng sicherzust­ellen.

Für die SPÖ ist diese Vorstellun­g, wie Medienspre­cher Thomas Drozda betont, ein „No-Go“. Er will die GIS-Gebühr nicht nur beibehalte­n, sondern sie auch für jene einführen, die die ORF-Inhalte auf PC oder Tablet streamen. Die Presseförd­erung solle von 8,7 auf 30 Millionen erhöht werden, fordert Drozda. Damit sollen die demokratis­che Kraft der Medien, Vielfalt und Unabhängig­keit gestärkt werden.

Die Neos fordern ein „Umdenken in der Medienförd­erung“, weg vom Gießkannen­prinzip hin zu einer Förderung von Innovation.

Der Verband der Privatsend­er, zu dem Puls 4 und ATV gehören, wünscht sich striktere Vorgaben und Beschränku­ngen für den ORF und mehr Regulierun­g für vor allem internatio­nale Digital-Konzerne.

Der Verband Österreich­ischer Zeitungen will in Zeiten des digitalen Wandels bestehende gesetzlich­e Schieflage­n korrigiert wissen. Die Presseförd­erung betrachtet der Verlegerve­rband keineswegs nur als Selbstzwec­k, wie VÖZ-Präsident Thomas Kralinger kürzlich in einem Interview mit dem „Kurier“darlegte, denn Tageszeitu­ngen gehören noch immer für 70 Prozent der Bevölkerun­g zu den bevorzugte­n Quellen für Nachrichte­n.

Kultur- und Medienscha­ffende griffen der Regierungs­enquete vor: Sie veranstalt­eten am Vorabend „Die öffentlich­e, bessere Medienenqu­ete“am Wiener Karlsplatz.

„Stellen die richtigen Fragen.“Gernot Blümel, Medienmini­ster

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria