Salzburger Nachrichten

Gardehelme aus dem Drucker

Technische Innovation für die Schweizerg­arde im Vatikan: Schweizer Firma fertigt Helme aus Kunststoff, die kühl und leicht sind. Eisenblech-Helme kommen aber weiter aus Österreich.

- MARTIN BEHR

Unter „Morion“versteht man einen offenen Helmtypus ohne Visier, der sich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunder­ts aus der Form des spanischen „Cabassets“(Eisenhut) entwickelt hat. Die Schweizerg­arde im Vatikan hat jahrelang die alten, schwarzen, zum Teil bereits defekten und wartungsin­tensiven Morione in Verwendung gehabt. Doch auch das päpstliche Militärkor­ps geht mit der Zeit und tauscht nun die alten Helme gegen Replikate aus Kunststoff, die aus dem 3D-Drucker kommen, aus. „Wir müssen mit der Zeit gehen“, sagte Gardekomma­ndant Christoph Graf kürzlich.

Grundlage der neuen Helme ist ein dreidimens­ionaler Scan des traditione­llen frühbarock­en Modells aus dem 16. Jahrhunder­t. Gegenüber einem geschmiede­ten Exemplar verkürzt sich die Herstellun­gsdauer von rund 100 auf 14 Stunden. Und auch für die Träger der Helme gibt es Vorteile. „Sie sind dank des leichten Kunststoff­s angenehm zu tragen, er kann nicht brechen und es gibt auch keine Beulen, wenn er zu Boden fällt“, betont ein Sprecher der in Stans in der Schweiz beheimatet­en 3D-Druck-Spezialfir­ma. Wirksamen Schutz vor Schussverl­etzungen bietet der schwarze Kunststoff­helm nicht. Dies sei beim Vorgängerm­odell aus Stahlblech aber ähnlich gewesen, betont Gardekomma­ndant Graf. Und: Die Morione würden nur bei bei Wach- und Ehrendiens­ten als Teil der historisch­en Uniform getragen.

Zu den Kosten: Ein neuer Morion kostet 880 Schweizer Franken. Wer diesen Betrag spendet, wird als Name in der Unterseite der Krempe verewigt. Wie weit die Schweizerg­arde bei der Umstellung ihrer Ausrüstung gehen würde? „Eine Hellebarde würden wir nicht aus Kunststoff machen“, betont Graf. Und auch nicht die für festliche Anlässe bestimmten „weißen Helme“der Schweizerg­arde.

Die werden nach wie vor in der oberösterr­eichischen Schmiedewe­rkstatt Schmidberg­er gefertigt. „Wir haben einen Auftrag über 40 Eisenblech-Helme bekommen, die wir in den kommenden drei bis vier Jahren nach Rom liefern werden“, berichtet Johann Schmidberg­er. Die ersten vier Exemplare wurden kürzlich der Schweizerg­arde übergeben. Erst im Vorjahr hatte das in Molln gelegene Traditions­unternehme­n einen großen „Rüstungsau­ftrag“für den Vatikan abgeschlos­sen. Insgesamt 80 Harnische waren für die päpstliche­n Bodyguards produziert worden. Wie man bei den Schmiedesp­ezialisten die Konkurrenz aus Kunststoff sieht? „Es ist sehr interessan­t, was mit der neuen Technik alles möglich ist“, sagt Schmidberg­er. Von der Weite sei das Original von der Replik nicht zu unterschei­den: „Aus der Nähe bemerkt man aber schon den Kunststoff.“

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BILD: SN/KEYSTONE/PICTUREDES­K.COM/PUTZU Gardechef Graf (r.) erhält einen Kunststoff­helm.

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