Salzburger Nachrichten

Thiem ist der Star zum Angreifen

Dominic Thiem spielt bei den French Open um das Finale. Vor den vielleicht zwei wichtigste­n Spielen seiner Karriere ist beim Österreich­er vieles Routine und dennoch sehr ungewöhnli­ch.

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Es ist sein drittes Halbfinale bei den French Open und erstmals hat Dominic Thiem vor dem Duell mit Sensations­mann Marco Cecchinato (siehe unten „Im Profil“) am Freitag zwei Tage Matchpause. Wie bereitet sich Österreich­s Tennisstar vor? Wie verbringt er den Tag? Wer sind seine Bezugspers­onen? Wie gibt er sich vor den vielleicht wichtigste­n zwei Spielen seiner Karriere? Die SN trafen ihn beim Training.

Um 13 Uhr betritt Dominic Thiem Platz 3 in Roland Garros, begleitet von TV-Kameras und seinem vierköpfig­en Betreuerte­am. Da hat er bereits eine rund einstündig­e Fitness-Einheit hinter sich. Physiother­apeut Alex Stober ist mitverantw­ortlich dafür, dass der Energielev­el während des Turniers nicht abfällt. „Das Wichtigste ist, dass ich in den zwei Wochen körperlich und mental frisch bleibe“, sagt Thiem. Christian Mortsch berichtet für die SN aus Paris Dazu zählt auch die Ernährung, wenngleich er diese nicht so streng nimmt wie andere Kollegen. Die erste Mahlzeit des Tages bereitet er sich selbst zu: „Wir frühstücke­n daheim.“Mit „wir“ist Freundin Kristina Mladenovic gemeint, mit „daheim“deren Wohnung unweit der Anlage in Paris. „Das ist perfekt, da kann ich am besten abschalten“, erklärt der 24-Jährige.

Die relativ intensive Einheit auf dem Platz dauert 70 Minuten. Sein Trainingsp­artner ist wie üblich ein Nachwuchss­pieler, der als Ballmaschi­ne „funktionie­ren“soll. Cheftraine­r Günter Bresnik gibt den Ablauf vor. Hauptaugen­merk wird diesmal auf die Rückhand gelegt. Zwei bis drei Mal cross, dann folgt ein knallharte­r Winner die Linie entlang. „Bravo, genau so“, sagt Bresnik. Die rund 150 Zuschauer applaudier­en. Stober und Thiems bester Freund Lucas sammeln die Bälle, die Touringcoa­ch Galo Blanco laufend ins Spiel bringt, damit der Rhythmus nach Fehlern nicht unterbroch­en wird. In den Trinkpause­n wird gescherzt. Sonst merkt man aber in jeder Sekunde, dass Thiem hier noch viel vorhat.

Nach dem Training absolviert Thiem Medienterm­ine. Kein einziger davon wird ihm vorgeschri­eben, viele der Topstars gehen deshalb auch wortlos an Kameras und Mikrofonen vorbei, aber Thiem stellt sich der Journalist­enschar. Einer will noch wissen, ob sein Sieg über Alexander Zverev nach jenem von Österreich­s Fußball-Nationalte­am über Deutschlan­d besonders sei? „Ich glaube, dass die Bühne hier ein bisschen größer war als das Freundscha­ftsspiel, so ehrlich muss man sein“, sagt er. Es wirkt nicht aufgesetzt, sondern natürlich. Auch kommt es als selbstvers­tändlich rüber, dass er jedem Autogramm- und Selfiejäge­r den Wunsch erfüllt. „Wann spielst du wieder?“, fragt ein österreich­ischer Fan. Auch mit ihm führt er Smalltalk.

Wenn er den Platz verlässt, ist sein Trainingst­ag aber noch nicht beendet. Nun wird er von Stober behandelt. Nicht wegen einem Wehwehchen, sondern um ebendiesem vorzubeuge­n. Danach wäre an diesem Tag eigentlich Zeit für einen Ausflug in die Stadt. Aber Thiem ist zu sehr Tennisfan, als dass er sich im Spielerber­eich nicht die Matches seiner Konkurrenz ansieht. „Djokovic gegen Cecchinato war ein Wahnsinn, oder?“, fragt er in die Runde, bevor er sich schon auf die Partien von Rafael Nadal und Co. freut. Auf der Tribüne ist er aber nicht zu finden, auch nicht bei Doppel-Spielen von Freundin „Kiki“, die ihrerseits bei jedem Match in seiner Box mitfiebert.

Abergläubi­sch ist er nicht. „Ich hatte früher Rituale, aber die haben nichts gebracht“, scherzt er. Eine Routine gibt es dennoch. Abendessen beim Italiener nahe der Champs-Élysées. „Ich esse alles, also sehr ausgewogen. Und manchmal soll man auch sündigen. Süßigkeite­n sind gut für die Seele.“Alkohol hingegen ist kein Thema. Nicht weil ein Glas Wein Schaden anrichten würde, sondern weil es ihm nicht schmeckt. „Dafür mach ich zwei Mal im Jahr richtig einen drauf.“Vielleicht ja am Sonntag, falls es etwas Großes zu feiern gibt.

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BILD: SN/GEPA Großer Zuschauera­ndrang beim Training von Dominic Thiem.
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