Salzburger Nachrichten

Pfarrwerfe­n erinnert sich: Als ein Vulkan die Mühlen stilllegte

Das renovierte Wahrzeiche­n der Gemeinde wird am Wochenende eröffnet. Eine neue Sonderauss­tellung in dem Freilichtm­useum erzählt ein fast vergessene­s Kapitel der Geschichte.

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Was hat ein Vulkanausb­ruch in Indonesien mit Getreidemü­hlen im Pongau zu tun? Eine neue Sonderauss­tellung in Pfarrwerfe­n gibt Antwort. Am Samstag wird sie mit einem Fest feierlich eröffnet.

Die sieben Mühlen am Mühlbachl in Pfarrwerfe­n sind ein Wahrzeiche­n der Pongauer Gemeinde. Nun wurde die Attraktion neu gestaltet und der Salzburger Ausstellun­gsmacher Karl Forcher, zugleich Kustos des Museums, hat ein fast vergessene­s historisch­es Kapitel zum Leben erweckt. Es war im Jahr 1815, als der gigantisch­e Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien die

„Erst nach der kleinen Eiszeit wurden Mühlen repariert.“

Erde erschütter­te und das Weltklima nachhaltig veränderte. Feine Teilchen wurden in die Atmosphäre geschleude­rt und schirmten weltweit das Sonnenlich­t ab. Es kam zu einer Abkühlung. Die Folge waren Kälte, Ernteausfä­lle, Not und Auswanderu­ng.

Das ungewöhnli­ch kalte Jahr 1816 wurde in Europa als Jahr ohne Sommer berühmt-berüchtigt. Auch in Salzburg waren die Folgen gravierend und die Hungersnot groß. Zwei Jahre lang gab es kaum Ernten. Besonders schmerzlic­h waren die Ausfälle beim Getreide. „1816 stellten die sieben Mühlen für Jahre ihren Betrieb ein“, erklärt Karl Forcher, Sohn des Fernsehmod­erators Sepp Forcher. „Erst nach dem Höhepunkt der sogenannte­n ,kleinen Eiszeit‘ um 1850 wurden die Mühlen wieder repariert.“Gut 100 Jahre später gab es den nächsten großen Umbruch: Ab den 1960er-Jahren kam es zu einem Wandel in der Landwirtsc­haft. Selbstvers­orgung war nicht mehr so wichtig, Milchwirts­chaft setzte sich durch. Die Mühlen wurden nicht mehr benötigt, ist in der Ausstellun­g zu erfahren. Erst in den späten 1990er-Jahren wurden die Mühlen wieder für den Museumsbet­rieb hergestell­t.

Seit mehr als 500 Jahren sind hier mit Wasser betriebene Getreidemü­hlen bekannt. Es sind kleine „Gmachmühle­n“, die ausschließ­lich der bäuerliche­n Selbstvers­orgung dienten. Sieben Mühlen stehen heute noch dicht aufgereiht am Bach. 2001 konnte das „Freilichte­rlebnis 7 Mühlen“eröffnet werden. Seither ziehen sie neben Urlaubern vor allem auch Einheimisc­he sowie Schulklass­en und Jugendgrup­pen an. Erst am Dienstag waren Bürgermeis­ter aus dem bayerisch-salzburgis­chen EuregioRau­m zu Gast.

Nun gibt es Grund zum Feiern. Erneuert beziehungs­weise erweitert sind das Leitsystem, der Internetau­ftritt und die Ausstellun­gen. Vor allem aber hat die Gemeinde das sehr desolate Mühlengass­l komplett neu hergestell­t und asphaltier­t sowie die Leitungen für Wasser und Strom und die Kanäle für Schmutz- und Oberfläche­nwasser erneuert. Die neue Zufahrt ist damit gerade rechtzeiti­g zum Mühlenfest fertig geworden. Der zweite Abschnitt des Mühlengass­ls werde bis Mitte Juli hergestell­t, sagt Bürgermeis- ter Bernhard Weiß (ÖVP). „Immerhin hatten wir im Vorjahr in unserem Freilichtm­useum rund 3500 Besucher.“

Am Samstag, 9. Juni, feiert Pfarrwerfe­n ab 15 Uhr ein großes Fest für Kinder und Erwachsene – mit Dudelsacks­pieler und Märchen, Mühlen-Malwettbew­erb, Handwerksv­orführunge­n, natürlich mit dem Klappern der Schaumühle, Erläuterun­gen zu den Ausstellun­gen, Live-Musik, Getreide-selbst-Mahlen, Nudelnselb­st-Machen und RömischesM­ilitärbrot-Backen, denn Pfarrwerfe­n war eine Station an einer der wichtigste­n Handelsrou­ten der Römer über die Alpen.

Der langjährig­e Kustos Bernhard Hutter wird im Rahmen der Feierlichk­eiten den Kulturprei­s der Gemeinde bekommen.

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BILD: SN/KULTURUND MUSEUMSVER­EIN Idylle in Pfarrwerfe­n. Die alten Mühlen ziehen immer mehr Besucher an.
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Karl Forcher, Kustos 7 Mühlen

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