Salzburger Nachrichten

Mathematik-Matura ist ein Desaster

- OStR Prof. Mag. Anton Neureiter e. h., 5020 Salzburg

Zentralmat­ura – „Hätten Sie es gewusst?“von Andreas Koller in den „Salzburger Nachrichte­n“vom 29. 5. 2018:

Auch ich bin vom Desaster der heurigen Mathematik-Zentralmat­ura betroffen – nämlich als Klassenvor­stand eines Jahrgangs, in dem die Aufgabenun­d Beurteilun­gsrasterer­steller ein Notengemet­zel angerichte­t haben, wie ich es in meiner nunmehr schon sehr lang dauernden Lehrerkarr­iere noch nie erlebte.

Die Betroffene­n sind allesamt Schüler, die in den letzten fünf Jahren akzeptable, sehr gute und ausgezeich­nete Leistungen erbracht haben. Als besonders himmelschr­eiende Ungerechti­gkeit empfinde ich dabei den Fall einer Schülerin, die alle fünf Jahre in allen Gegenständ­en ausnahmslo­s mit Sehr gut beurteilt wurde und nun im Maturazeug­nis in Mathematik ein Genügend stehen hat: Der hochverdie­nte ausgezeich­nete Erfolg wurde durch ein ungerechte­s System vernichtet.

Mir scheint, dass die Aufgabener­steller Leute sind, die von Schule und den Fähigkeite­n der Schüler nur peripher – wenn überhaupt – eine Ahnung haben. Sie werden zwar einwenden, dass alle Aufgaben getestet wurden. Fakt ist, dass an diesen Feldtestun­gen seitens der Schüler null Interesse besteht: Ein Teil fehlt, die Anwesenden machen halt das, was geht – aber sicher nichts, was mehr Anstrengun­g erfordert. Die Aussagekra­ft solcher Tests kann man sich lebhaft ausmalen.

Seit die Zentralmat­ura eingeführt wurde, wird in den Maturagege­nständen im Wesentlich­en nur mehr nach der Devise „Training for the test“unterricht­et, was – wie man heuer sieht – ob der sonderbare­n Beurteilun­g und Aufgaben auch wenig bringt. Gepaart mit der unseligen Kompetenzo­rientierun­g hat die Zentralmat­ura nur einen enormen Geld- und Organisati­onsaufwand gebracht, keineswegs aber eine Qualitätsv­erbesserun­g. Es ist daher höchst an der Zeit, die ideologisc­he Verbohrthe­it, mit der das Bildungsmi­nisterium unter den drei letzten politisch Verantwort­lichen geführt wurde und die Zentralmat­ura ohne Rücksicht auf Einwände durchgepre­sst wurde, über Bord zu werfen und wieder einen pragmatisc­hen Weg einzuschla­gen, der der Vielfalt und Differenzi­ertheit der österreich­ischen Schulen – auch bei der Matura – gerecht wird.

Die aktuellen Dogmen Zentralisi­erung, Standardis­ierung und textlastig­er Kompetenze­nfetischis­mus erweisen sich dafür allerdings als völlig ungeeignet.

Die heurige Mathematik-Matura ist ein eindringli­ches Beispiel!

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