Erst Feuer und Wut, dann alles gut?
Trumps Anhänger sind begeistert über sein Treffen mit Kim. Experten und kritische US-Medien sehen das ganz anders.
WASHINGTON. Wie immer, wenn Donald Trump etwas gesagt oder getan hat, zerfallen in den USA die Reaktionen und Deutungen in zwei fast berührungsfreie Hälften. Als der US-Präsident gestern, Mittwoch, vom Nordkorea-Gipfel zurückkam, waren er und die Seinen darauf bedacht, die Macht historischer Bilder weidlich auszuschlachten. Gegner und Kritiker hingegen beharren darauf, es sei ja gar nichts erreicht worden.
Lobpreisung, Nüchternheit, Abwarten, Enttäuschung: In diesem Geviert wird Trump sich bewegen, wenn er in die Mühen der politischen Ebene zurückkehrt. Dabei geht es um dasselbe Nordkorea, das er mit „nie da gewesenem Feuer und Zorn“überziehen wollte. Dem er vor den Vereinten Nationen mit Auslöschung drohte. Nach dem Treffen in Singapur erweckten manche US-Reaktionen den Eindruck, es gehe nun um ein anderes Land.
Fox News ist Trump sehr gewogen und sehr sicher: Des Präsidenten starke Rhetorik habe Kim an den Verhandlungstisch gezwungen. Auf jeden Fall. Den ganzen Tag machte sich der Sender über Trumps Kritiker lustig. Nichts gönnten sie ihm. Keine Patrioten. Allein das Zustandekommen des Gipfels sei grandios und einmalig, bei den Details müsse man halt mal sehen. Jetzt erst einmal feiern. Trumps Wählerbasis ist hingerissen. Endlich ein Präsident, der etwas reiße, der sich nichts bieten lasse. Auf ewig müssten seine Kritiker einsehen, wie meisterlich Trump verhandle – das ist die Quersumme viele Einträge auf Twitter, Facebook und in rechten Blogs. Der Rechtsaußen-Sender Newsmax TV stellt fest: Trump stelle die Theorie auf den Kopf, dass Diplomatie nur nach Drehbüchern irgendwelcher EliteUnis funktioniere. „Jetzt könnt ihr das einmal sehen.“
Wie viele andere Trump-kritische Medien und Experten verwies dagegen die „New York Times“auf ein inhaltlich sehr dünnes Ergebnis von Singapur. Es errege tiefe Besorgnis, dass Trump gar nicht merke, wie schlimm er übers Ohr gehauen worden sei. Die USA hätten viele Positionen geräumt, aber dafür nur vage Andeutungen erhalten.
Frühere Teilnehmer von harten Verhandlungen mit Nordkorea sortierten das in Singapur Erreichte nüchtern und enttäuscht ein. „Es ist weniger wert als die gemeinsame Erklärung von 1992, das Rahmenwerk von 1994 und die gemeinsame Erklärung der Sechs-Parteien-Gespräche von 2005“, sagte Wendy Sherman. Sie hat für die Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama mit Pjöngjang verhandelt.
Demokratische Senatoren wie Nancy Pelosi oder Chuck Schumer zeigten sich unzufrieden mit dem Gipfel: zu dünn, zu wenig. Kritiker der Vereinbarung wie der ehemalige Botschafter Bill Richardson fragten: Kim sei doch weiterhin ein Verbrecher und Diktator, der sein Volk knechte und nichts auf die Menschenrechte gebe, oder habe sich das geändert?
Für die Republikaner im Senat nannte Mitch McConnell das Treffen in Singapur einen großen Schritt, mahnte aber zur Vorsicht. Jetzt müsse Nordkorea Konsequenzen folgen lassen.
Für Trump wird sich wohl insgesamt nicht viel ändern. Wer für ihn ist, ist es jetzt noch mehr, und andersherum. In den USA spiegeln die Reaktionen auf Singapur eine politisch zerrissene Landschaft. Aus ihr sind Sachlichkeit und Diskursbereitschaft vielerorts ausgewandert.
Lob kommt aber aus Moskau: Der russische Präsident Wladimir Putin sieht sich durch das Gipfeltreffen von Kim Jong Un mit Trump bestätigt. Der von Putin vorgeschlagene Weg, Spannungen mit einem direkten Dialog abzubauen, habe sich als richtig erwiesen, hieß es. Man sieht: Putin hätte gern selbst ein Treffen mit Trump.