Salzburger Nachrichten

Drei Frauen glänzen in Führungsro­llen

Wie reüssieren Frauen in einem patriarcha­len Machtgefüg­e? Margarete, Maria und Katharina taugen als Vorbilder für Managerinn­en.

- „Frauen. Kunst und Macht – Drei Frauen aus dem Hause Habsburg“, Schloss Ambras, Innsbruck, bis 7. Oktober.

Sogar drei ruhmreiche, charakterf­este und vorbildlic­he Europäerin­nen konnten ihre Karriere nur als zweite Wahl beginnen. „Frauenüber­schuss“nennt die Kunsthisto­rikerin Dagmar Eichberger als Grund dafür, dass etwa Margarete von Österreich Regentin der Niederland­e wurde. Aus Männermang­el und weil ihm ein Familienmi­tglied vertrauens­würdiger erschienen sei als ein fremder Minister, habe Karl V. seine Tante als Statthalte­rin bestellt.

Wie sich Margarete sowie deren Nichten Maria von Ungarn und Katharina von Portugal in Führungspo­sitionen behauptet haben, ist nun in Schloss Ambras zu studieren. Bei der Eröffnung am Mittwochab­end wurde bereits jene Eigenschaf­t dieser Frauen hörbar, die die neue Ausstellun­g sichtbar macht: Sie waren kunstsinni­g. So erklangen ein Lieblingsl­ied Margaretes und ein vertontes Gedicht Marias. Die ausgestell­ten Porträts zeigen diese Frauen schlicht, aber exquisit gekleidet. Auch sonst umgaben sich die drei mit Schönem: Sie sammelten Kunst und Exotika. So bietet Ambras eine Premiere. Erstmals wird das weibliche Mäzenatent­um der Habsburger aufbereite­t.

Dieser drei Herrscheri­nnen haben sich drei Forscherin­nen angenommen: Ambras-Direktorin Veronika Sandbichle­r hat Annemarie Jordan Gschwend aus Zürich und Dagmar Eichberger aus Heidelberg als Kuratorinn­en geholt. „Wir sind geprägt von der Ende des 20. Jahrhunder­ts beginnende­n feministis­chen Kunstgesch­ichte“, bestätigt Dagmar Eichberger. „Doch wir sagen nicht: Diese Frauen sind besser als Männer!“Hier gelte es, Frauen als Mitwirkend­e im europäisch­en Herrscherg­efüge vorzustell­en und dem entgegenzu­wirken, was viele männliche Kunsthisto­riker durchgeset­zt hätten: dass mächtige Frauen verkannt, verschwieg­en oder schlechtge­macht würden.

Dass Margarete, Maria und Katharina Sammlerinn­en, Bauherrinn­en und Kunstagent­innen waren, hat mit ihrem Reichtum zu tun. „Maximilian I. hatte tolle Ideen, aber er war knapp bei Kasse“, schildert Annemarie Jordan Gschwend. Daher sei seine Hinterlass­enschaft reich an preiswerte­n Druckgrafi­ken. Hingegen war seine Tochter Margarete eine vermögende Witwe. Und anders als in anderen Herrscherf­amilien durften habsburgis­che Frauen ihr Vermögen eigenmächt­ig verwalten und vererben.

Ein weiterer Erfolgsfak­tor war, dass sogar diese prächtigen Frauen die Vorherrsch­aft der Männer nie infrage stellten. Die drei hätten sich stets als „Tochter des Kaisers“, „Tante des Kaisers“oder „Schwester des Kaisers“verstanden; sie hätten die Männer als Oberhäupte­r akzeptiert, beteuert Dagmar Eichberger. Sie ließen sich – wie Maria und Katharina – an europäisch­e Höfe verheirate­n, wurden dort aber eigenständ­ig aktiv: als Netzwerker­innen und Diplomatin­nen. Solches Talent bezeugt der „Damenfried­en von Cambrai“: Weil die Kriegsführ­er Karl V. und Franz I. nicht verhandeln wollten, verabredet­en Margarete von Österreich und Luise von Savoyen jene Bedingunge­n, die die Männer dann unterschri­eben.

Diese Frauen sahen sich als Mitwirkend­e in einem weit über ihre Generation hinausreic­henden Ganzen. Dies bestätigt ihre Frömmigkei­t. Und dies bringen ihre Porträtgal­erien des Hauses Habsburg ebenso zum Ausdruck wie die Genealogie­n, die sich – neben Wissenscha­ft, Gebetbüche­rn und Literatur – in ihren Bibliothek­en finden.

In Anbetracht der Wirkungsra­dien dieser Frauen ist die Ausstellun­g mit etwa 100 Exponaten in fünf Räumen winzig. Doch welch exquisite Auswahl! Nur Außergewöh­nliches und Prägnantes haben die Kuratorinn­en ausgewählt und die sowieso kostbaren, weil aus Erbschafte­n wie jenen von Margarete, Maria und Katharina bestückten Bestände des Kunsthisto­rischen Museums um einzigarti­ge Leihgaben angereiche­rt – wie aus portugiesi­schem Privatbesi­tz einen edelsteinb­esetzten Fingerhut aus Ceylon. Wer brauchte den? Katharina war talentiert­e Näherin und trug an ihrem Gürtel stets Fingerhut, Schere und Nadeln. Hingegen benützte Maria jene Armbrust, die nun in einer Vitrine liegt: Sie war leidenscha­ftliche Reiterin und Jägerin und trug stets Hosen unter den Röcken. Ausstellun­g:

 ??  ?? Drei Habsburger­innen haben sich gegen extrem machtbewus­ste Männer durchgeset­zt und neue Maßstäbe gesetzt: Margarete von Österreich, Maria von Ungarn und Katharina von Österreich.
Drei Habsburger­innen haben sich gegen extrem machtbewus­ste Männer durchgeset­zt und neue Maßstäbe gesetzt: Margarete von Österreich, Maria von Ungarn und Katharina von Österreich.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria