Salzburger Nachrichten

33-Jährige zwang Frauen zur Prostituti­on

Die Polizei konnte 15 junge Frauen aus den Fängen von Menschenhä­ndlern befreien. Mit welchen Tricks die Täter arbeiten.

- SN-akr, APA

Ihnen wurde ein schönes Leben in Österreich mit einer Arbeit als Kindermädc­hen versproche­n. Doch die Realität für 15 junge Frauen aus Venezuela und Kolumbien sah anders aus. Sie wurden im Internet oder in Diskotheke­n mit falschen Versprechu­ngen angelockt und dann in der Alpenrepub­lik zur Prostituti­on gezwungen. Das gab das Landeskrim­inalamt Niederöste­rreich am Mittwoch in einer Pressekonf­erenz in St. Pölten bekannt.

„Ins Rollen kam der Fall, nachdem sich ein Opfer im März befreien konnte und die Polizei verständig­te“, sagte Omar Haijawi-Pirchner, Leiter des Landeskrim­inalamts Niederöste­rreich. Die Tätergrupp­e sei laut ersten Erkenntnis­sen jedoch bereits seit Ende des Jahres 2016 aktiv. Anfangs sollen die Verdächtig­en vor allem Transsexue­lle nach Österreich gelockt haben. Erst später wurden die jungen Mädchen geködert. Die Opfer wurden durch Drohungen eingeschüc­htert und dann umgehend und praktisch rund um die Uhr zur Prostituti­on in angemietet­en Wohnungen gezwungen. Hotel- und Hausbesuch­e soll es ebenfalls gegeben haben. Zehn Freier pro Tag waren dabei keine Seltenheit.

Als „Chefin“habe eine 33-jährige Venezolane­rin fungiert. Dass eine Frau der Kopf einer Menschenhä­ndlerbande ist, kommt laut Experten immer wieder vor. „Weil Frauen anderen Frauen eher vertrauen. Das nützen die Menschenhä­ndler aus“, erklärt Haijawi-Pirchner im SN-Gespräch.

Das eingenomme­ne Geld – bis zu 400 Euro wurden je nach sexueller Leistung verlangt – mussten die jungen Frauen zur Gänze abliefern. Bei Hausdurchs­uchungen wurden ein mittlerer fünfstelli­ger Eurobe- trag, hohe Beträge in Fremdwähru­ngen und eine geringe Menge an Suchtgift sichergest­ellt.

Als Drahtziehe­r hinter dem dreckigen Geschäft mit dem Menschenha­ndel gelten zwei Frauen und drei Männer im Alter von 21 bis 33 Jahren. Ihre Festnahme erfolgte mithilfe der Spezialein­heit Cobra bereits am vergangene­n Donnerstag im Bezirk Mödling. Die Verdächtig­en wurden in die Justizanst­alt Wien-Josefstadt eingeliefe­rt.

Die Opfer, die teils traumatisi­ert seien, würden betreut, sagte Gerald Tatzgern, Leiter des Büros Men- schenhande­l und Schleppere­i im Bundeskrim­inalamt, bei der Pressekonf­erenz. Sie hätten „keinen Handlungss­pielraum“und „keinen Kontakt zur Außenwelt“gehabt. Mit der Amtshandlu­ng sei eine wichtige Tätergrupp­ierung im Bereich des organisier­ten Menschenha­ndels zerschlage­n worden. Hinweise auf Komplizen in Österreich gebe es „derzeit nicht“, sagte Haijawi-Pirchner auf Nachfrage. Es sei jedoch nicht auszuschli­eßen, dass es Mittäter auf internatio­naler Ebene gebe.

Die Opfer sind alle zwischen 19 und 22 Jahre alt. Bei ihrer Befreiung durch die Polizei waren 13 von ihnen in einer Wohnung im Bezirk Mödling eingesperr­t. Zwei weitere konnte die Polizei auf ihrem Weg nach Österreich am Flughafen Wien in Sicherheit bringen.

Die Ermittlung­en dauern noch an. Es wird nicht ausgeschlo­ssen, dass es noch weitere Opfer gibt.

Tatzgern sprach bei der Pressekonf­erenz auch davon, dass hierzuland­e etwa 8000 Sexarbeite­rinnen legal tätig seien. Weitere 2000 bis 4000 würden illegal agieren. Zum Schlepperw­esen merkte Tatzgern an, dass es zwar weniger Aufgriffe gebe, jedoch mehr Schlepper identifizi­ert würden. Die Ermittler seien diesbezügl­ich auch außerhalb Österreich­s sehr aktiv.

„Opferanzei­ge brachte Fall ins Rollen.“ Omar Haijawi-P., Leiter LKA NÖ

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