Kumulationsprinzip noch nicht abgeschafft
Die Regierung hat vorerst von der Entschärfung des Kumulationsprinzips – der Mehrfachbestrafung – im Verwaltungsstrafrecht abgesehen. Diese und auch die Ausweitung der außerordentlichen Strafmilderung seien im heutigen Ministerrat nicht beschlossen worden, kritisierte die Wirtschaftskammer am Mittwoch. Das Kumulationsprinzip tut besonders großen Firmen weh. Bei Arbeiterkammer und Gewerkschaft hatte die angekündigte Abschaffung dagegen für massive Kritik gesorgt: Arbeits- und Sozialrechtsverletzungen könnten so zum Kavaliersdelikt werden, Sozialbetrug lukrativ werden.
Aus dem Justizministerium hieß es, man wolle das Thema noch vor dem Sommer in den Ministerrat bringen, eine Vorlage werde derzeit erstellt. Das Kumulationsprinzip besagt, dass bei Verwaltungsdelikten – im Gegensatz zum Strafrecht – jedes Vergehen einzeln bestraft werden kann. Arbeitszeitverletzungen in Großkonzernen, die mehrere Tausend Mitarbeiter betreffen, werden damit zum Beispiel härter bestraft als in kleinen Unternehmen. Die schwarz-blaue Regierung wollte das Kumulationsprinzip in Verwaltungsstrafverfahren ab 2020 zurückdrängen – so sah es die Novelle zum Verwaltungsstrafgesetz vor, die bis 1. Juni in Begutachtung war. Bis 2020 sollte es für solche Fälle eine außerordentliche Strafmilderung geben.
Anders als die Arbeitnehmervertreter sieht die Wirtschaftskammer in „unverhältnismäßig hohen Verwaltungsstrafen“eine Existenzbedrohung für Unternehmen. Die am Mittwoch sehr wohl beschlossene Reform des Verwaltungsstrafrechts wird von der Kammer dagegen begrüßt. „Künftig wird die Unschuldsvermutung im Verwaltungsstrafrecht gestärkt. Bei Strafen ab 50.000 Euro muss die Behörde den Nachweis eines schuldhaften, strafbaren Verhaltens erbringen“, erläuterte die WKÖ. Die stärkere Verankerung des Prinzips „Beraten statt strafen“solle bewirken, dass Betriebe bei geringfügigen Verwaltungsübertretungen zuerst eine Beratung der Behörde erhalten.