Die lebendigsten aller Lebensmittel
Der Darm braucht lebendige Bakterien und Pilze, Tag für Tag aufs Neue. Was ist zu tun, damit sie sich auch wohlfühlen?
Sie wachsen, vermehren sich, haben Hunger und scheiden aus, was sie nicht mehr brauchen. Bakterien und Pilze in fermentierten Lebensmitteln sind quietschlebendig! Vorausgesetzt, sie fühlen sich wohl. Mehr als tausend verschiedene Arten würden gern unseren Dickdarm bewohnen. Sie lieben den fein säuerlichen Zustand dort, das Gedränge und das rege Treiben. Sie wünschen sich Zuwanderung, und zwar am liebsten Tag für Tag und aus verschiedenen Kulturen. Und sie sind hungrig, auch Tag für Tag.
Wer seine diensteifrigen Darmmitbewohner los haben will, isst am besten ausschließlich lang gekochte Speisen und hoch erhitzte Getränke, passt auf, dass er kein Vollkornmehl und keine Hülsenfrüchte erwischt und meidet Obst und Gemüse. Viele Österreicher sind auf dem besten Weg dorthin und haben schon 90 Prozent ihrer physiologischen Darmbakterien verscheucht. Doch wer meint, dann sei Ruhe im Darm, der irrt. Es beginnt zu rumoren im Bauch, Blähungen schleichen sich ein, die wehtun, und dann meldet der Darm dem Gehirn die schlechte Stimmung.
Der Darm braucht lebendige Bakterien und Pilze, Tag für Tag aufs Neue. Etwa ein Viertel von unserem Stuhlgang sind ausrangierte Darmbakterien. Da heißt es natürlich: nachfüllen! Fermentierte Lebensmittel, die eine Gärung oder einen Umsetzungsprozess durchgemacht haben, stärken unsere Haut- und Darmflora, aber nur für kurze Zeit.
Einzige Abhilfe ist deshalb, stets kleine Mengen davon zu essen. Immer und immer wieder. Kleine Schälchen von milchsaurem Gemüse, dort ein wenig Gärungsessig in den Salat, da ein Glas Sauerhonig und einen Hollersprudel. Ein gutes Butterbrot aus Roggensauerteig, mit Sauerrahmbutter und Honig zum Frühstück und die Buttermilch zur Jause. Abends ein Joghurt und auch einmal ein Glas Wein. Manche Bakterien wie jene im Essig brauchen Luft, andere meiden sie wie jene der alkoholischen Gärung. Nur allzu heiß mögen sie es alle nicht, über 45 Grad Celsius wird es ruhig im Lager der kleinen Lebewesen.
Doch was ist dann mit Brot und gekochtem Sauerkraut? Stimmt, die Erhitzung ertragen sie nicht. Doch sie scheiden Bacteriocine aus, und die überleben auch die größte Hitze. Manche von ihnen hemmen sogar Clostridien, Staph aureus oder Listerien. Im Brotbackofen lassen sie ihr Leben und ihre Hinterlassenschaft tut unserem Darm gut.
Das ist die seit Jahrtausenden erfolgreiche DickdarmbakterienInteressengemeinschaft.