Der „Stinkefinger“meldet sich zu Wort
Stefan Effenberg hätte Özil und Gündoğan nach der Erdoğan-Affäre eliminiert.
Der frühere Nationalspieler Stefan Effenberg vermisst in der Debatte um Mesut Özil und İlkay Gündoğan eine klare Linie des Deutschen Fußball-Bundes. „Wenn man auf gewisse Werte setzt, so wie das der DFB immer wieder vermittelt, dann kann die Entscheidung eigentlich nur so ausfallen, dass man die beiden Spieler rauswirft“, sagte der 49-Jährige in einem Interview. Die beiden Nationalspieler Özil und Gündoğan waren wegen gemeinsamer Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan scharf in die Kritik geraten.
Effenberg selbst durfte jahrelang nicht mehr für die Nationalelf spielen, nachdem er Fans bei der WM 1994 den Mittelfinger gezeigt hatte. „Der DFB war damals sehr konsequent und sehr schnell in der Entscheidung. Özil und Gündoğan haben jetzt Glück gehabt, dass der DFB in diesem Fall inkonsequent und nicht schnell gehandelt hat“, sagte Effenberg.
Auch im Fall Uli Stein hatte sich der Deutsche Fußball-Bund 1986 für einen Rauswurf des Ersatztorwarts entschieden, nachdem dieser Teamchef Franz Beckenbauer als „Suppenkasper“bezeichnet hatte. „Man dreht es sich beim DFB allerdings so, wie man es gerade braucht. Bei mir oder bei Uli Stein haben sie anders reagiert“, sagte Effenberg.
Der Wirbel um Özil und Gündoğan hatte die WM-Vorbereitung der DFB-Auswahl überschattet. Gündoğan, der zuletzt beim WM-Test gegen Saudi-Arabien ausgepfiffen worden war, hatte betont, er habe mit den Erdoğan-Fotos kein politisches Zeichen setzen wollen. Özil äußerte sich bislang nicht öffentlich zu der Debatte.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich bei ihrem Besuch im Trainingslager in Südtirol mit den beiden türkischstämmigen Profis zu einem vertraulichen Gespräch zurückgezogen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war schon zuvor in seinem Amtssitz mit Özil und Gündoğan zusammengekommen und hatte versucht, Brücken zu bauen. Wirklich gelungen ist das bislang nicht. Es scheint aber, als könnte die Nationalmannschaft dieses Thema nur mit Siegen verstummen lassen. Die Elf von Teamchef Joachim Löw startet am Sonntag (17 Uhr) gegen Mexiko ins Turnier.
Zumindest im ersten öffentlichen Training der Deutschen bekam Gündoğan wieder Applaus. Rund 500 Zuschauer besuchten die Einheit des Weltmeisters im Moskauer Vorort Watutinki, in dem rund 12.000 Menschen in riesigen Plattenbauten wohnen.