Neue Mindestsicherung trifft die Österreicher
Ein Drittel der Betroffenen sind Kinder. Diakonie warnt auch vor Verlusten für Behinderte.
„Von Asyl wird gesprochen, aber gestrichen wird bei allen“, sagt der Sozialexperte der Diakonie, Martin Schenk, im SNGespräch. Betrachte man den Ministerratsvortrag zur „Mindestsicherung neu“, träfe die neue Regelung zu 70 bis 80 Prozent österreichische Bürger. Ein Drittel der Betroffenen seien Kinder.
Zahlen aus Niederösterreich, wo eine gedeckelte Mindestsicherung schon eingeführt wurde, hätten gezeigt, dass nur jede siebte von den Kürzungen betroffene Person asylberechtigt gewesen sei. „Die Existenzkürzungen betrafen dort in erster Linie Hiesige und schon längst Dagewesene. Familien, Alleinerziehende, Pensionisten, Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderungen“, sagt Schenk. Geheißen habe es auch dort, die Regelung solle „Flüchtlinge“treffen.
Gerade für die große Gruppe der Mindestsicherungsbezieher mit Behinderung könnte die Neuregelung weitergehende Folgen haben. Laut Zahlen der Statistik Austria geben 58 Prozent der Mindestsicherungsbezieher an „chronisch krank“zu sein, 25 Prozent sind „stark beeinträchtigt durch eine Behinderung“. Durch die neuen Höchstbeträge der Mindestsicherung würden Behinderte in Wien um den „Sonderbedarf “umfallen, der Hilfe für behindertengerechte Investitionen bedeute, sagt Schenk. Behinderte seien schon 2010 beim Umbau der Sozialhilfe zur Mindestsicherung schlechtergestellt worden.
Die Regierung habe zwar betont, dass bei Alleinerziehern die Mietbeihilfe nicht in die Mindestsicherung eingerechnet werde – für Schenk wäre diese Regelung aber unsachlich und gleichheitswidrig.
Um den Vollbezug der Mindestsicherung neu von 863 Euro zu erhalten, sind künftig der Pflichtschulabschluss bzw. ein gewisses Deutsch-Niveau Voraussetzung. Ob nun auch 17.000 österreichischen Mindestsicherungsbeziehern ohne Pflichtschulabschluss, wie in manchen Medien heraufbeschworen, Einschnitte drohen, ist noch ungeklärt. Zumindest jenen von ihnen, die Probleme bei sinnerfassendem Lesen haben, könnte die Mindestsicherung auf 563 Euro gekürzt werden. Genaues wird man erst mit dem Gesetzesentwurf wissen.
Schenk ärgert die stets gleiche Taktik der Regierung: Medien und Hilfsorganisationen müssten auf PR-Ansagen und politische Sprachbilder, „die oft diffus und unklar sind“, reagieren. Ganz spät komme der Gesetzesentwurf. Dann habe man zwei Wochen Zeit. Die Debatte sei dann aber „weg“und niemand interessiere sich mehr für das, was wirklich im Gesetz stehe. schli