So kann man Spitzentechnik im Land halten
Die B&C Industrieholding steigt bei TTTech ein, die Software für selbstfahrende Autos baut. Kann man damit am Weltmarkt bestehen?
WIEN. Die heimische B&C Industrieholding steigt beim Wiener Softwareunternehmen TTTech ein. B&C erwirbt für einen zweistelligen Millionenbetrag einen Anteil von neun Prozent der TTTech-Aktien, sagt Wolfgang Hofer, Vorstand der B&C Privatstiftung.
Geplant ist eine langfristige Beteiligung an der Softwareschmiede. Angestrebt wird eine Aufstockung auf zehn Prozent, „dann sehen wir weiter“, erklärt Hofer. Voraussetzung dafür ist freilich, dass bisherige Aktionäre verkaufen. Rund 40 Prozent der Aktien halten die Gründerfamilien, der Rest liegt bei großteils institutionellen Investoren.
Hofer versteht den Einstieg als wichtigen Beitrag, österreichische Schlüsseltechnologie im Land zu behalten und zu unterstützen. Formal erfolgt der Einstieg bei TTTech über die Tochter B&C Innovation Investments (BCII), die sich auf Investitionen in Start-ups und Technologie-Wachstumsunternehmen konzentriert. Wichtiger noch als die Finanzierung ganz junger Start-upUnternehmen findet Hofer die Unterstützung in der folgenden „Scale-up“-Phase. „Alle Babys sind herzig“, sagt er, die Herausforderungen begännen jedoch auch bei einem Unternehmen erst später, in der Pubertät. Dann seien auch die zum Weiterwachsen benötigten Mittel (im Millionenbereich) schwerer aufzubringen als in der Anfangsphase. Die BCII ist weiters noch am Wiener Unternehmen Flightkeys beteiligt, das in Echtzeit optimale Flugrouten berechnen kann. Im Aus- land hält man Anteile an der Münchner Softwarefirma Kinexon, die bewegliche Maschinen lokalisiert, und hält Anteile einer Wandelschuldverschreibung der weltgrößten Materialdatenbank Citrine im kalifornischen Silicon Valley.
TTTech sieht sich als weltweiter Technologieführer in der „Übertragung und Verarbeitung von Echtzeitdaten für sicherheitsrelevante Anwendungen“. Was kompliziert klingt, ist die Grundlage für Hightech-Lösungen wie autonomes Fahren. Nicht umsonst gab TTTech am Donnerstag auch eine Kooperation mit dem deutschen Premium-Autohersteller BMW bekannt. Und noch im Juni gründet TTTech die Tochter TTTech Auto, die sich mit den Partnern Audi, Infineon, Samsung und GE Ventures auf die Entwicklung eines Betriebssystems für selbstfahrende Autos konzentriert.
Zusammen mit BMW will man bis 2021 sicheres automatisiertes Fahren der Stufe 3 zur Marktreife bringen, das ist jene Stufe, die sicheres autonomes Fahren auf Autobahnen ermöglicht. In drei Jahren könnte TTTech Auto auch an der Börse notieren, stellt TTTech-Gründer und Vorstandsmitglied Georg Kopetz in Aussicht. Die Firma wurde 1998 als Spin-off der Technischen Universität Wien gegründet, heute hat sie 1700 Mitarbeiter in zwölf Ländern, davon 500 in Wien.
Unabhängig davon hat die B&C Holding die Augen offen für eine vierte große Industriebeteiligung. Interesse gibt es an der Jenbacher AG. Der US-Industriegigant General Electric (GE) will sich von der Gasmotorensparte seiner Tiroler Tochter trennen. Jenbacher sei ein „sehr interessantes, technologisch sehr fortschrittliches Unternehmen“, sagt Hofer. „Wenn wir daran nicht interessiert wären, müssten wir blind oder impotent sein.“
Die drei B&C-Mehrheitsbeteiligungen Lenzing, Semperit und AMAG erzielten 2017 zusammen 4,2 Mrd. Euro Umsatz, ein Plus von 16,6 Prozent zu 2016. Der kumulierte Börsenwert lag bei 2,6 Mrd. Euro.