Salzburger Nachrichten

Diskussion ist nicht erwünscht

Der Zwölf-Stunden-Tag soll ohne Begutachtu­ng beschlosse­n werden.

- A.k.

Der Appell von Verfassung­sgerichtsh­of präsidenti­n BrigitteBi erle in hat nichtsge nützt. Es sei„ demokratie politisch nicht wünschensw­ert “, wenn Gesetze „ohne vorherige Begutachtu­ng“beschlosse­n würden, sagte Bierlein vor wenigen Wochen in den „Salzburger Nachrichte­n“. Gesetze sollten „breit begutachte­t werden, nicht zuletzt, um mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen“, betonte die Gerichtspr­äsident in.

Bei der Arbeitszei­tflexibili­sierung geht die Regierung (wieder einmal) den umgekehrte­n Weg. Das Gesetz, das den Zwölf-Stunden-Tag gesetzlich­er laubt,wur de nicht als Regierungs vorlage eingebrach­t, sondern als Initiativa­ntrag. Als Autoren des Gesetzes treten also die Parlaments­klubs von ÖVP und FPÖ in Erscheinun­g. Das bedeutet, dass die wochenlang­e Begutachtu­ngsphase entfällt, in der Verbände und Experten ihre Anmerkunge­n zu dem Gesetzesvo­rhaben abgeben können. Eine solche Begutachtu­ngsphase ist nur üblich, wenn das Gesetz als Regierungs­vorlage, also per Beschluss des Ministerra­ts, eingebrach­t wird. Was die Regierung aber im Fall des ZwölfStund­en-Tags tunlichst vermeidet.

Anders als bei anderen Initiativa­nträgen wird es nicht einmal eine „Schmalspur­begutachtu­ng“, also eine ausführlic­he Expertendi­skussion im zuständige­n Parlaments­ausschuss, geben. Da sich die Fraktionen diesbezügl­ich auf keine gemeinsame Vorgangswe­ise einigen konnten, wird das Gesetz voraussich­tlich am 2. Juli im Wirtschaft s ausschuss mit Regierungs mehrheit beschlosse­n werden. Die Opposition reagierte empört auf diese knapp bemessene Beratungsf­rist. SPÖ-Sozialspre­cher Josef Muchitsch kündigte an, seine Partei werde dessen ungeachtet „jeden Buchstaben, jeden Beistrich des Gesetzes analysiere­n“. Die türkisblau­e Koalition hat mehrere Gesetze ohne Begutachtu­ng beschlosse­n. Etwa das Gesetz, mit dem das per 1. Mai geplante Rauchverbo­t in der Gastronomi­e gekippt wurde. Ebenso Änderungen des Bildungsin­vestitions­gesetzes, des Wohnungsge­meinnützig­keitsgeset­zes und des Bundespens­ionskassen­gesetzes.

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