1965 So hallt in Salzburg der Sound of Music nach
1965 kam der Hollywoodfilm „The Sound of Music“in die Kinos und macht seither Tourismuswerbung für Salzburg. Die Geschichte der Familie Trapp ist ein Millionengeschäft.
In den USA wurde der 1964 in Salzburg gedrehte Hollywoodfilm „The Sound of Music“auf Anhieb zum Kassenschlager. Am 2. März 1965 flimmerte die Geschichte der singenden Salzburger Familie Trapp zum ersten Mal in Los Angeles über die Kinoleinwand. Seither haben 1,2 Milliarden Menschen den mit fünf Oscars ausgezeichneten Musikfilm gesehen. Viele Amerikaner und Chinesen glauben bis heute, dass die Schnulze „Edelweiß“die österreichische Nationalhymne ist.
Mangels Publikums wurde der Film in Salzburg nach drei Tagen abgesetzt. Auch 53 Jahre später kennen die meisten Salzburger weder den Film noch die tatsächliche Geschichte der Familie Trapp. Dabei trägt der Streifen noch mehr als Mozart und die Festspiele dazu bei, dass die Touristiker von Jahr zu Jahr einen neuen Besucherrekord verkünden können. In der Stadt Salzburg mit 155.000 Einwohnern wurde im Vorjahr erstmals die Marke von drei Millionen Übernachtungen geknackt. „Jedes Jahr kommen mehr als 300.000 Gäste nach Salzburg, um die Drehorte zu besichtigen“, sagt Bert Brugger, Chef der Tourismus Salzburg GmbH. Rund 700.000 Nächtigungen werden „The Sound of Music“zugerechnet. Jeder dritte Japaner hat den Film gesehen, für drei Viertel der Gäste aus den USA ist er der Grund für den Besuch in Salzburg. Der Anteil asiatischer Gäste, die wegen des Films anreisen, steigt.
Angesichts dieser Zahlen ist kaum zu glauben, dass Stadt und Land Salzburg noch immer kein Themenmuseum zuwege gebracht haben. Die seit Jahrzehnten gewälzten Pläne wurden jetzt abermals auf Eis gelegt. Zuletzt war dafür das einstige Barockmuseum im Mirabellgarten vorgesehen. Ein Konzept liegt vor. Zwar hat die neue Landesregierung das Museum in ihr Koalitionsprogramm geschrieben. Die Stadt winkte nun aber ab. Man müsse sparen und könne die 5,7 Millionen Euro vorerst nicht zur Verfügung stellen.
Hingegen haben Marianne Dorfer und Christopher Unterkofler im April in bester Lage in der Getreidegasse eine Ausstellung zur Geschichte der Familie Trapp eröffnet. Die Schauräume sind im ersten Stock, im Erdgeschoß der Sound of Music World werden Souvenirs verkauft. Seit zehn Jahren führt das Ehepaar ein Hotel garni in jener Villa in Salzburg-Aigen, wo die Familie von Georg von Trapp von 1923 bis zur Emigration 1938 gewohnt hat. 1940 okkupierte SS-Chef Heinrich Himmler die Villa.
Im Hotel steigen Gäste aus aller Welt ab, von Chinesen über Russen bis zu Saudis. „Wir sind zu 95 Prozent ausgelastet“, sagt Dorfer. Neuerdings kann in dem Hotel auch geheiratet werden. Indische Filmemacher haben die Villa als Drehort für eine Bollywood-Produktion im Visier. „Wir möchten mit der Ausstellung über die wahre Geschichte der Familie Trapp auch die Salzburger ansprechen“, erklärt Dorfer.
Die Salzburger Historikerin Helga Embacher sowie die Dissertanten Barbara Huber und Hasan Softic haben die Ausstellung wissenschaftlich begleitet. „Der Film verbreitet die Opferthese, die Österreich immer vertreten hat, und stellt das Land als Nation des Widerstands gegen den Nationalsozialismus dar“, sagt Embacher. Die Familie Trapp sei nicht von den Nazis verfolgt worden. „Sie waren sehr religiös und hatten keine Distanz zum Austrofaschismus, sie haben sich zwischen 1934 und 1938 mit dem System arrangiert.“Der Erfolg des Films in den USA sei auch vor dem Hintergrund der damaligen Rassenunruhen zu sehen. „Die Geschichte einer gläubigen weißen Familie mit Auswanderungsschicksal kam da gerade recht.“
Dorfer ortet bei den Salzburgern zunehmend Interesse für die Geschichte der Familie. Das sieht auch Carl Philip von Maldeghem so. Als erster Intendant des Salzburger Landestheaters hat er die Scheu vor dem Stoff abgelegt und ihn 2011 als Musical auf die Bühne gebracht. 73.000 Menschen haben die Produktion seither gesehen. „60 Prozent waren Salzburger, viele kommen in Dirndl und Lederhose“, sagt Maldeghem. Der Lehrer Hans Aschenberger aus Oberösterreich ist seit 30 Jahren mit Familie von Trapp befreundet und ist immer wieder zu Gast auf der Trapp Family Lodge in Vermont. Salzburg verdanke den Trapps „sehr, sehr viel“, sagt er. „Salzburg hat eine Bringschuld und muss inhaltlich aufholen.“Die Aussage „Das ist doch Hollywood-Käse“sei unprofessionell. Die Geschichte hinter „The Sound of Music“gehöre an jeder Schule unterrichtet.