Salzburger Nachrichten

Baby mit mehreren Messerstic­hen getötet

Eine Ungarin soll ihre vier Monate alte Tochter erstochen haben. Werden Kinder ermordet, sind in 70 Prozent der Fälle Mütter die Täter.

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Es war ein furchtbare­r Fund, den ein Ungar bei der Rückkehr in seine Wohnung in Ernstbrunn (Bezirk Neuburg) machte: Dort lag seine kleine, vier Monate alte Tochter. Tot. Daneben seine 41-jährige schwer verletzte Ehefrau.

Seit Freitag scheint klar, welches Drama sich in der niederöste­rreichisch­en Gemeinde ereignet hat: Die 41-Jährige steht im dringenden Verdacht, ihre kleine Tochter mit mehreren Messerstic­hen getötet und sich anschließe­nd selbst Schnittver­letzungen zugefügt zu haben. Für das Kind kam jede Hilfe zu spät. Die Frau wurde in ein Spital eingeliefe­rt. „Sie konnte noch nicht befragt werden, ebenso fehlt uns die Vernahme des schwer geschockte­n Ehemannes“, erklärt Niederöste­rreichs Pressespre­cher Heinz Holub im SN-Gespräch. Über ein Motiv, warum die Frau offenbar ihr eigenes Kind getötet hat, kann nur spekuliert werden. Ein Abschiedsb­rief wurde nicht gefunden. Die Ungarin soll psychische Probleme gehabt haben. Die tote Tochter dürfte das einzige Kind des Paares gewesen sein. Eine Obduktion der Leiche wurde angeordnet.

Die Frage bleibt: Was lässt Mütter ihre eigenen Kinder töten? Denn werden Kinder ermordet, sind in über 70 Prozent der Fälle Mütter ihre Mörderinne­n. „Dabei haben Frauen in der Kriminalit­ät eine geringe Rate, die lediglich bei zehn bis 15 Prozent liegt. Und es fällt auf, dass Frauen meist nicht vorbestraf­t sind, sondern mit einem Tötungsdel­ikt erstmals in Erscheinun­g treten“, erklärte Gutachteri­n Sigrun Roßmanith bereits in einem früheren SN-Interview.

Aufschluss über Mütter als Mörderinne­n gibt auch eine Studie der Psychiater­in Claudia Klier, die für das Wiener AKH erstellt wurde: Demnach wurden die meisten der getöteten Kinder erstickt (22 Prozent), 17 Prozent ertränkt, acht Prozent erschossen, fünf Prozent erschlagen. Ein kleiner Teil starb nach Kindesmiss­brauch.

Für die Studie wurden 150 Fälle in Österreich und 88 Fälle in Finnland über einen langen Zeitraum hinweg untersucht. Dass ein Messer als Tatwaffe für eine Mutter die Ausnahme ist, bestätigt auch Gutachteri­n Roßmanith.

Der Schock sitzt auch in der Heimatgeme­inde der ungarische­n Familie tief. „Ich kenne die Frau seit Jahren persönlich und kann nicht glauben, was passiert ist“, erzählte Bürgermeis­ter Horst Gangl in einem Gespräch mit den „Niederöste­rreichisch­en Nachrichte­n“. „Sie war ein herzensgut­er Mensch. So einen Vorfall hatten wir in Ernstbrunn noch nie“, erklärte der Ortschef.

Bereits in der Vergangenh­eit hatten Fälle von Müttern als Mörderinne­n Österreich erschütter­t: In Nußdorf am Attersee tötete eine ehemalige AHS-Lehrerin 2017 ihren neunjährig­en Sohn mit einem Küchenmess­er. Auch sie litt an einer psychische­n Erkrankung.

Im August 2015 stach eine 38-jährige Polin in Wien-Hernals mit einem Küchenmess­er auf ihre vierjährig­e Tochter ein. Der 13-jährige Bruder der Vierjährig­en hatte zunächst Schreie gehört und wenig später seine Schwester tot auf dem Küchenbode­n gefunden. Der Vater war zum Zeitpunkt der Tat bereits in der Arbeit.

Ebenfalls im Jahr 2015 war im Juli in einer Wohnung in Wien-Favoriten der bereits verwesende Leichnam eines fünfjährig­en Buben unter einer Decke entdeckt worden. Die 25-jährige Mutter soll den Buben ebenfalls mit einem Messer erstochen haben.

Die Gemeinde, in der die Familie lebte, steht unter Schock

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