Flamingos schmeißen die Einhörner raus
Von der Mode, die nach Belieben austauscht, damit der Gewinn passt.
Vor ein paar Monaten schrieb ich an dieser Stelle über Einhörner. Damals war ich viel zu spät dran, hatte den Break-even-Point bei Weitem verpasst, heißt: Es war schon alles gelaufen. Einhörner hatten damals, so viel g’scheiter bin ich jetzt, ihren Zenit als Traumfiguren sogar schon weit, weit überschritten. Jetzt will ich endlich einmal ganz vorn dabei sein, im Aufstieg, im Werden eines Wahnsinns. Und also geht es jetzt um Flamingos, bevor die komplett abheben. Ich hörte zuletzt, dass Flamingos die neuen Einhörner seien (oder jedenfalls bald werden dürften). Beides sind Wundertiere. Die einen stehen auf einem Bein, tragen dieses eigenartige, auffällige, Kunden und Kundinnen anlockende Rosa und die Älteren unter Ihnen können sich bestimmt erinnern, dass Flamingos im Vorspann der Sendung „Im Reich der wilden Tiere“– oder war’s „Rendezvous mit Tier und Mensch“– vorkamen. Da flatterte eine ganze Schar hoch, an irgendeinem See in Afrika wahrscheinlich. Wunderschön. Die Jüngeren sollten das mal googeln, bevor sie shoppen rennen. Die anderen, die Einhörner, gibt es gar nicht (und ich halte sie – Genderei hin oder her, Emanzipation gut und schön – außerdem immer noch für eine reine Mädchensache). Und deshalb gibt es die Einhörner eben doch. Nicht in echt, sondern nur im Geschäft. Dorthin dringen nun aber die Flamingos vor. Also nicht echt: Sie flattern nicht daher, sie werden bloß auffällig ins Regal gestellt. Und dann wird das Plastik aus der Plastikfolie genommen und sie werden aufgeblasen und dann schwimmen sie als rosarote Miniinseln auf dem See oder im Schwimmbad. Palmen und Enten sind out und der Einhornmarkt ist gesättigt. Aber es muss halt immer etwas Neues her. Und jene Frau, die ich kürzlich auf ihrem creme-rosafarbenen Rad mit einem Helm sah, auf dem zwei Einhörner abgebildet waren, bestätigt es. Das Einhorn und all die mit ihm verkauften Träume sind auf allen möglichen erwerbbaren Teilen so brutal in der Mitte der Gesellschaft angelangt, dass das Hinschauen wehtut. Aber der Markt braucht neue Impulse von außen, vom Rand. Also wird im Sinn der Marktgesetze ausgetauscht und rausgeworfen und restrukturiert und freigesetzt, was nicht reichlich Gewinn abwirft. Also rutschen die Einhörner nach hinten. Vorn glänzen jetzt die Flamingos. Das wollte ich nicht verpassen. Ich muss ja nicht gleich so trendig deppert sein, einen zu kaufen von diesen ModeFlamingos. Da schau ich lieber die alte Folge einer Tiersendung.