Salzburger Nachrichten

Literatur ist ein Reservat des Widerstand­es

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zur Verfügung. Einzelne Szenen haben sich in ihrer Intensität eingeprägt. Seine Prosa hat etwas Unbedingte­s, Zwingendes, hat man sie gelesen, entlässt sie einen nicht in den Alltag. Sie hat das Zeug dazu, einen zu verfolgen. Die in Sprache gewandelte Wut, der grimmige Vorsatz, mit anderen niemals gemeinsame Sache zu machen, die Haltung des Außenseite­rs, die als Berechtigu­ng gilt, als Kläger über die Gesellscha­ft aufzutrete­n, stehen unter dem Zeichen der Dringlichk­eit. Diese Form der Selbstgere­chtigkeit der Abrechnung findet ihren Grund in einer Gesellscha­ft, die ihre Daseinsber­echtigung aus einem Geflecht von Lügen und Verdrängen bezieht und jedem, der nicht in Reih und Glied mitmarschi­ert, eines überzieht. Für den, der auf seinem eigenen Kopf beharrt, ist die Psychiatri­e der Ort der artgemäßen Zurichtung. Tatsächlic­h stehen alle, die mitmachen, als wäre nie etwas geschehen, auf dem Leichenfel­d der Geschichte. Sie wissen es, ignorieren das aber. So drastisch sieht Gerold Foidl sein Österreich. Für ihn war das alles unerträgli­ch, in der Literatur schuf er sich sein Ventil für angestaute­n Furor wie lähmende Angst, sie wurde ihm zum Reservat des Widerstand­es. So entstanden Texte rabiater Gnadenlosi­gkeit aus Trotz und Unbehagen.

Die eigene Erfahrung gibt den Stoff her, aus dem die Dramen einer versehrten Seele bestehen. Ein glückliche­s Leben sieht anders aus. Foidl wurde 1938 in Lienz geboren. Er war sieben Jahre alt, als dort ein Massaker an rund 300 Kosaken begangen wurde. Diese hatten aufseiten der Wehrmacht auf dem Balkan gekämpft und wurden nach dem Krieg von den Engländern an die Rote Armee ausgeliefe­rt. Die Abtrünnige­n wurden auf der Stelle erschossen. In seinem Roman „Der Richtsaal“(1978) findet dieses weitgehend vergessene Kapitel der Zeitgeschi­chte seinen Niederschl­ag. Foidl litt früh an epileptisc­hen Anfällen, wurde als Vierzehnjä­hriger in die Psychiatri­e eingeliefe­rt. Mit familiärem Rückhalt war nicht zu

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