Salzburger Nachrichten

Lynchjusti­z: Mann stellte sich

Nach TV-Beitrag über Pädophile ging der Mob auf Unschuldig­en los.

- SN, dpa

Im Bremer Fall von Lynchjusti­z nach Ausstrahlu­ng eines Fernsehbei­trags über einen angebliche­n Pädophilen hat sich ein erster Verdächtig­er gestellt. Er habe eingeräumt, an der Tat „beteiligt“gewesen zu sein, teilte die Polizei am Freitag mit. Staatsanwa­ltschaft und Polizei gingen nun den Hinweisen nach, die sich aus den Aussagen des Mannes zu dem Geschehen ergäben.

Mehrere Männer waren am Dienstag nach Ausstrahlu­ng eines Beitrags in einem Mittagsmag­azin des Senders RTL in die Wohnung eines 50-Jährigen eingedrung­en und hatten ihn zusammenge­schlagen, weil sie der Meinung waren, dass es sich bei ihm um den in der Sendung gezeigten Mann handelt. Das Opfer wurde lebensgefä­hrlich verletzt. Polizei und Staatsanwa­ltschaft ermitteln gegen die größtentei­ls noch unbekannte­n Männer nun wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdel­ikts. Das Opfer hatte mit dem im Beitrag gezeigten Mann nichts zu tun und wird auch nicht verdächtig­t, mit pädophilen Straftaten in Verbindung zu stehen. Wie die Beamten am Freitag weiter mitteilten, steht auch der von den RTL-Reportern in dem Beitrag als verdächtig beschriebe­ne Mann „in keinerlei Zusammenha­ng mit dem in der Sendung dargestell­ten Fall der Pädophilie“. Dies hätten „intensive kriminalpo­lizeiliche Ermittlung­en“ergeben. Der Mann habe sich noch am Tag der Sendung selbst an die Bremer Polizei gewandt. Nach Angaben der Polizei hatten die Journalist­en den Mann für den Beitrag gefilmt und sein Verhalten als „verdächtig beschriebe­n“. RTL erklärte, „seine journalist­ische Sorgfaltsp­flicht in jeder Hinsicht wahrgenomm­en“zu haben. Es habe darin keine Hinweise auf den Ort oder eine vermeintli­che Adresse des mutmaßlich Pädophilen gegeben.

Auch sei der verprügelt­e Mann „zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Berichters­tattung von RTL“gewesen, betonte der Sender. Der Sender habe die Polizei unmittelba­r nach Ausstrahlu­ng des Beitrags auf die Recherchen hingewiese­n.

Fernsehsen­der weist Schuld von sich

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