Abbiegen mit Benko
Kika/Leiner bekommt nach der Rettung durch den Immobilien-Tycoon ein Sanierungskonzept verpasst. Für René Benko dürfte der Deal ein Schnäppchen sein, analysieren Experten.
SALZBURG. Neben den mehr als 5000 Mitarbeitern bei Kika/Leiner in Österreich atmete am Freitag, wenige Stunden nach der Fixierung des rettenden Deals, auch der Chef des österreichischen Möbelhändlers, Gunnar George, hörbar auf. „Ich bin froh, mit dem Tiroler René Benko und seiner Signa-Holding einen kapitalstarken österreichischen Investor gefunden zu haben“, sagte er. Der Immobilien-Tycoon als strategischer Investor ermögliche es, Kika/Leiner gut weiter zu führen. George verriet auch: „Ich bleibe an Bord.“Eine österreichische Lösung mit deutscher Einsprenkelung: George ist Deutscher.
Zu Strategie und weiteren Restrukturierungen des Möbelhändlers, der durch den selbst ins Trudeln geratenen südafrikanischdeutschen Mutterkonzern Steinhoff beinahe in die Tiefe gerissen worden wäre, könne er im Moment noch nichts sagen, das sei zu früh.
Die Signa-Gruppe Benkos teilte Freitagnachmittag mit, sie wolle gemeinsam mit der Kika/Leiner-Geschäftsführung ein Sanierungskon- zept erarbeiten. „Dabei werden alle Strukturen und Prozesse überprüft und verbessert.“
Und was macht ein Chef, der seit Wochen versucht, dem Unternehmen den Konkursrichter zu ersparen, nun: „Ausschlafen, ausschlafen, ausschlafen und laufen gehen.“Die Arbeit übernehmen nun die Juristen auf beiden Seiten: Wie berichtet, erwirbt Signa das operative Kika/Leiner-Handelsgeschäft und auch die 70 Immobilienstandorte in Österreich und Osteuropa von der Konzernmutter Steinhoff International. Der endgültige Verkauf (Closing) soll laut Steinhoff bis Ende September über die Bühne gehen.
Für Signa sei der Kauf von Kika/Leiner nach dem Einstieg in den deutschen Handel und den SportOnlinehandel erstmals der Einstieg in den stationären Handel in Österreich, sagt Stephan Fanderl, Geschäftsführer von Signa Retail. Von der Werthaltigkeit des Unternehmens sei man überzeugt.
Handelsexperte Wolfgang Richter von RegioPlan analysiert, Sinn mache der Deal für Benko jedenfalls. „Die kolportierten 450 Millionen Euro für die Immobilien scheinen eher ein Schnäppchen zu sein“, sagt er. Auch wenn einige weniger attraktiv scheinende Lagen in Gewerbegebieten dabei seien, so umfasse das Paket viele attraktive Standorte in Innenstädten und bei Einkaufszentren. „Vergessen darf man zudem nicht, dass unter derzeitigen Raumordnungs-Vorschriften keine Widmung von großen Handelsflächen mehr möglich ist, allein derart große Standorte mit Handelswidmung zu haben ist ein immenser Wert.“Dazu komme das wohl ebenso interessante Geschäft von Kika in Osteuropa, das in dem Paket enthalten ist. Auch das Handelsgeschäft selbst dürfte Benko nach den Erfahrungen mit Karstadt in Deutschland reizen.
„Als Kika/Leiner bleiben aber sicher nicht alle Standorte erhalten“, glaubt Richter. Der österreichische Möbelmarkt sei im internationalen Vergleich klar überbesetzt, dazu komme, dass Ikea etwa den dreifachen Umsatz pro Quadratmeter von Kika mache.
Dass Kika/Leiner zu viel Fläche habe, räumt auch Leiner-Betriebsrat Karl Vogl ein, der die Übernahme durch Benko, wie berichtet, als „Wunschlösung“begrüßt. „Restrukturierungen oder aber neue Ideen mit Shop-in-Shop-Konzepten werden wir sicher mittragen“, meint der Betriebsrat. Um die Mitarbeiter habe er dabei keine Sorge. „Schon jetzt suchen wir Leute, auch auf kleinerer Fläche braucht es qualifizierte Mitarbeiter.“Mit neuer Liquidität könne es jetzt wieder mit Kraft weitergehen, hofft er.
Die neue Liquidität spüren auch die Lieferanten. Seit zwei Tagen könne Kika/Leiner die bestellte Ware wieder zahlen, berichten mehreren Möbelhersteller. „Für uns ist die österreichische Lösung sicher eine gute“, sagt Georg Emprechtinger, Vorsitzender der heimischen Möbelindustrie und Eigentümer von Team 7. Eine Übernahme von Kika/Leiner durch den Konkurrenten Lutz wäre durch die daraus entstehende Monopolstellung mit über 50 Prozent Marktanteil problematisch gewesen. Und einen reinen Finanzinvestor hätte wohl mehr der Verkauf der Standorte als die Fortführung interessiert. „Wenn Leiner als Traditionsmarke neue Kraft bekommt, ist das für die heimischen Produzenten gut.“