Roboter werden Menschen nie ersetzen
Allerdings sind humanoide Roboter im Tourismus bereits im Einsatz. Sie könnten einiges leichter machen: Buchungen etwa. Oder auch die Kommunikation auf Chinesisch.
MAYRHOFEN. Noch ist es selten, dass beim Privatzimmervermieter Gäste aus Hongkong mit ihren Flugkoffern anrollen, während beim Nachbarn Pärchen aus Kolumbien und Japan einchecken. Aber dieses Bild wird in Mayrhofen seit einem Jahr häufiger. Damals wurde bei der Konferenz „Tourism Fast Forward“(TFF) die Zusammenarbeit des Tourismusverbands Mayrhofen mit der Plattform Airbnb präsentiert. „Die Vermieter, die sich beteiligten, erreichten im Winter acht, die anderen 1,5 Prozent Gästeplus“, sagt Tourismuschef Andreas Lackner. Ob der Zuwachs und die wachsende Zahl exotischer Gäste auf Airbnb zurückzuführen ist, sei aber noch nicht zu verifizieren.
Was jedoch die diesjährige Zusammenkunft von internationalen Technologieexperten, Tiroler Startups und professionellen Gastgebern in Mayrhofen zeigte: Das erkennbare Ende der Sprachbarrieren lässt eine der großen Hürden internationalen Reisens verschwinden. „Es ist jedem möglich, schneller und auf Augenhöhe miteinander zu reden. Wenn das System Baidu Chinesisch auf Englisch übersetzt, klingt es schon absolut klar“, bestätigt der Bremer Innovationscoach Oliver Puhe. Er ergänzt, dass man sich angesichts dieser Tendenz in den Destinationen verstärkt um Begegnungszonen kümmern sollte. Der einem Hörgerät vergleichbare Knopf im Ohr als Übersetzer ist speziell bei chinesischen Touristen schon Realität. Basierend auf der von Yuval Noah Harari in seinem Werk „Homo Deus“beschriebenen Unterscheidung zwischen Dataismus – als totale Unterordnung unter die Macht der Daten – und Techno-Humanismus – der Weiterentwicklung der Schaffenskraft des Menschen mithilfe elektronischer Technologien – setzten die Teilnehmer in Mayrhofen in einer Umfrage entschieden auf Zweiteres.
Mehr denn je wurde auf dem Technologiekongress Emotion abgehandelt. Da fragte Lackner eher rhetorisch, wie man Chatbots mit Charme ausstatten könne. Doch wie der Gründer von Humanizing Technologies, Dimitrios Prodromou, anhand seines 1,20 Meter kleinen Charmebolzens Pepper auf und abseits der Bühne belegte: Elektronik wird liebenswert. Das „aktive Zuhören“des Roboters verblüfft, das Elektronik gewordene Kindchenschema weckt bei manchen sogar Beschützerinstinkte.
Trotzdem sind humanoide Roboter wie der im Hotel Übergossene Alm in Dienten bereits anzutreffende Pepper zwar Publikumsmagneten, für die Tourismuswirtschaft stehen aber andere Entwicklungen im Vordergrund, um dem Wunsch des Gastes nach Individualität und Bequemlichkeit zu entsprechen. „Software ist die Zukunft, Hardwareentwicklungen im Verhältnis dazu sekundär“, sagte Franz Dornig von IBM Österreich.
Wenn Pepper nur wenige technische Möglichkeiten nutzt – der Roboter hat keine künstliche Intelligenz, ist also nicht „lernfähig“–, geht es für Hotels und Tourismusverbände heute um die sinnvolle Verarbeitung der Datenflut. Die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wird an dieser wenig ändern, selbst wenn Hoteliers beobachten, dass aktuell mehr Menschen für Buchungen zum Telefon greifen. Wobei der Wifi-Datenexperte Florian Hulde auf eine besondere Lücke verwies: Folgt man dem Gesetzestext, dann müsste bei der telefonischen Aufnahme von Buchungen genauso die Erlaubnis zur weiteren Verarbeitung der Daten, inklusive Beleg der Information des Gastes durch Tonaufzeichnung, erfolgen.
Wie die Diskussionen zeigten, stehen Wege zur Buchung und deren Abwicklung weiterhin im Zentrum des Hotelinteresses. So entwickelt das Semantic Technology Institute Innsbruck STI als Forschungsprojekt den Tiroler Knowledge Graph, der 2,2 Milliarden Daten gesammelt hat – täglich kommen acht Millionen hinzu – und der Forschung frei zur Verfügung steht. Eine Kommerzialisierung schließt STI-Leiter Dieter Fensel nicht aus.
Datenmengen zu den passenden Preisen macht hingegen auf kommerzieller Basis das Innsbrucker Start-up RateBoard. Das jüngst vom aws-Gründerfonds, Next Floor und den Hoteliers Gregor Hoch (Lech) und Otmar Michaeler (Falkensteiner) mit einem kräftigen Investitionsschub ausgestattete Unternehmen errechnet schon 200 Hotels den zum Buchungszeitpunkt idealen Preis. „Wir schaffen im ersten Jahr jeweils acht bis zehn Prozent mehr Umsatz“, sagt Geschäftsführer Matthias Trenkwalder. Denn ein Hauptfehler sei, Spitzenzeiten sehr früh zu einem günstigen Preis komplett auszubuchen, statt nach Erreichen von zum Beispiel 50 Prozent Auslastung die Preise wieder zu erhöhen. Mit dem Millioneninvestment will RateBoard zur internationalen Größe werden.
Digitalisierung, die aus Worten Daten und aus Daten wieder Worte macht, füllt die Elektronik allerorts mit Emotionen. „Auch wir navigieren immer mehr mit Stimme“, bestätigt etwa Michael Ölhafen, dessen Locandy als Mixed Reality Media Player im öffentlichen Raum Touristenattraktionen und ganze Städte mit spannenden Geschichten spielerisch unterlegt. Doch neben der Sprache wird auch die Mimik von Maschinen immer besser erkannt. Oliver Puhe erwartet daraus weitere Impulse.