Salzburger Nachrichten

Salzburger geben Millionen für Nachhilfe aus

Die Arbeiterka­mmer Salzburg hat den Nachhilfem­arkt analysiere­n lassen. Jedes vierte Kind hat Bedarf, doch oft fehlt Eltern das Geld.

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SALZBURG. Nicht nur kurz vor Schulschlu­ss laufen in den Nachhilfei­nstituten die Telefone heiß. Profession­elle Lernbeglei­tung gehört in vielen Familien mit Schulkinde­rn zum Alltag und belastet das Haushaltsb­udget.

„Ich spare mir jedes Jahr Hunderte Euro für Nachhilfe ab“, schildert eine 47-jährige Salzburger­in. Ohne die zusätzlich­e Lernbetreu­ung hätte ihr Sohn heuer die Mathematik-Matura am Gymnasium nicht geschafft.

Der zweite Sohn nehme Englisch-Nachhilfe. Aus dem Freundeskr­eis und von Mitschüler­n ihrer Kinder wisse sie, dass Nachhilfe in der Oberstufe gang und gäbe sei. „Das sind aber durchwegs intelligen­te Schüler, die letztlich gute bis durchschni­ttliche Leistungen erbringen. Es liegt nicht an den Kindern, sondern oft an den Lehrern, die den Stoff nicht so vermitteln, dass die Schüler ihn verstehen.“

Die Mutter eines Maturanten aus Straßwalch­en teilt diese Meinung. „Wir Eltern buttern jahrelang Tausende Euro in Nachhilfe, und dann fallen die Kinder trotzdem durch. Das habe man heuer bei der Zentralmat­ura in Mathematik wunderbar beobachten können. Trotz Nachhilfe seien viele Schüler durchgefal­len. „Nachhilfe ist ein riesiger Schwarzmar­kt, auf dem die Lernbetreu­er ausbügeln sollen, was die Schule nicht schafft.“

Nicht die Lehrer seien zwangsläuf­ig schlecht, vielmehr bräuchten die Schulen mehr finanziell­e Unterstütz­ung und die Lehrer mehr Zeit, meint der Präsident der Salzburger Arbeiterka­mmer, Peter Eder. Im Auftrag der AK hat das Marktforsc­hungsinsti­tut IFES im laufenden Schuljahr eine repräsenta­tive Umfrage in 400 Haushalten mit 630 Schülern zum Thema Nachhilfe und Nachmittag­sbetreuung durchgefüh­rt.

Demnach brauchten heuer 21 Prozent aller Schüler Nachhilfe. Jeweils ein Drittel nahm die Dienste eines Instituts, von Lehrern oder Studenten in Anspruch. Die Eltern gaben dafür 5,5 Millionen Euro aus. Pro Jahr und Schüler fielen 640 Euro an. Das Ergebnis der Studie hat gezeigt, dass der eigentlich­e Bedarf noch höher ist: Jedes vierte Kind bräuchte Nachhilfe, die Eltern können sich das aber oft nicht leisten. Mit zwei von drei Schülern muss zu Hause gelernt werden. Mit jedem vierten davon sogar täglich.

„Es kann nicht sein, dass der schulische Erfolg der Kinder vom Einkommen und Engagement der Eltern abhängt“, sagt Eder. Mehr als die Hälfte der Eltern, deren Kinder eine schulische Nachmittag­sbetreuung besuchen, hätten angegeben, dass deshalb keine Nachhilfe mehr nötig sei. Eder fordert die Einführung der Ganztagssc­hule und den flächendec­kenden Ausbau der Nachmittag­sbetreuung.

Bedenklich sei, dass immer mehr Volksschül­er Nachhilfe bräuchten, sagt Hilla Lindhuber, Leiterin der AK-Bildungsab­teilung. Zwölf Prozent der Schüler haben heuer Nachhilfe bekommen. „Der Notendruck steigt, damit die Kinder den Sprung ins Gymnasium schaffen.“

Auch bei AHS-Schülern gehe es in der Nachhilfe oft darum, ein Gut in ein Sehr gut zu verbessern, um den Einstieg in eine weiterführ­ende Bildungsei­nrichtung zu bewältigen, sagt Elternspre­cherin Heidrun Eibl-Göschl. In Richtung Matura nehme der Druck enorm zu. „Da geht es auch um Chancen auf Studienplä­tze.“ Info: Siehe ausführlic­hen Bericht im SN-Wochenendt­eil.

„Immer mehr Volksschül­er bekommen Nachhilfe.“Hilla Lindhuber, Arbeiterka­mmer

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