Ein bisschen Brimborium darf sein
Der Landtag hat den Auftakt in die neue Legislaturperiode ausgiebig zelebriert. Das wahre Fest der Demokratie muss sich im parlamentarischen Tagesgeschäft abspielen.
Blechbläser, Hunderte festlich gekleidete Gäste, Reden, Hymnen, Gelöbnisse: Das war die konstituierende Sitzung des Salzburger Landtags am Mittwoch. Man könnte die Sache als Riesenbrimborium abtun – und täte ihr unrecht.
Die 36 Abgeordneten sind vom Volk gewählt, nicht die Regierung. Der Landtag ist das Herzstück der Demokratie. Das wird oft vergessen. Und: Er ist ein Muster an Transparenz. Alle Sitzungen und Ausschussberatungen des Salzburger Landtags werden live im Internet übertragen; es gibt sie zum Nachsehen, übersichtlich portioniert nach Rednern und Wortmeldungen. Alle parlamentarischen Materialien stehen zum Download auf der Homepage des Landtags bereit. Wer sich informieren will, kann das problemlos tun.
Die Salzburger Landtagsabgeordneten haben eine vergleichsweise mächtige Stellung gegenüber der Regierung. So kann jede Landtagspartei unabhängig von ihrer Größe ein Mal in der Legislaturperiode einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Dafür ist nicht einmal Klubstatus nötig. In Salzburg reicht ein Viertel der Landtagsmitglieder aus, um den Landesrechnungshof mit einer Prüfung zu beauftragen – ob das der Regierung nun passt oder nicht. Von solch weitreichenden Kontrollrechten kann die Opposition im Nationalrat nur träumen.
Es hätte in diese Tradition und in das Selbstverständnis eines starken Salzburger Landtags gepasst, der SPÖ als zweitstärksten Kraft im Land und der größeren der beiden Oppositionsparteien das Amt des Zweiten Landtagspräsidenten zu überlassen. Doch das hat ihr die Regierungsmehrheit nicht zugestanden. Schwarz-GrünPink wählte einen Abgeordneten der Neos und somit der kleinsten Fraktion in das Amt. Das entspricht der Geschäftsordnung, aber nicht dem Geist einer Balance zwischen Regierung und Opposition. Und auch nicht dem demokratiepoliti-
Es liegt an den Abgeordneten, ihren Nutzen unter Beweis zu stellen
schen Anspruch, den Neos und Grüne vertraten, als sie selbst noch in der Opposition waren.
Das Beispiel zeigt, wo die Grenzen des Landesparlaments liegen – dort, wo die Regierung sie steckt. Damit ist einerseits der Klubzwang gemeint. Abgestimmt wird in der Regel entlang der Fraktionslinien. Allenfalls bei geheimen Abstimmungen schert der eine oder andere Abgeordnete aus. (Bei der Wahl zum Zweiten Landtagspräsidenten tat dies am Mittwoch ein Mandatar oder eine Mandatarin der Regierungsparteien.)
Der Klubzwang trägt zum weitverbreiteten Eindruck bei, der Landtag sei nur eine Abstimmungsmaschinerie, die in Wirklichkeit nichts zu sagen habe. Das ist gefährlich, weil es auf Dauer das Ansehen der Volksvertretung und damit auch der Demokratie untergräbt. Nebenbei spielt es den Zentralisten in die Hände, die die Landtage am liebsten abschaffen möchten.
Es liegt an den Landtagsabgeordneten, den Nutzen des „Hohen Hauses“unter Beweis zu stellen. Indem sie exzellente Debatten abliefern – hart, sachlich, fair. Indem sie selbst gesetzesinitiativ werden, gesellschaftliche Debatten vorantreiben und ihre Kontrollrechte aktiv und verantwortungsbewusst nutzen. Und indem sie sich die Freiheit nehmen, ihr Mandat frei auszuüben. Es könnte immer noch mehr sein, aber: Manches von dem Geforderten geschieht im Salzburger Landtag. Und deshalb hat sich das Landesparlament ein bisschen Brimborium zum Beginn der 16. Legislaturperiode verdient.