Salzburger Nachrichten

Ein bisschen Brimborium darf sein

Der Landtag hat den Auftakt in die neue Legislatur­periode ausgiebig zelebriert. Das wahre Fest der Demokratie muss sich im parlamenta­rischen Tagesgesch­äft abspielen.

- VIA KONKRET Sylvia Wörgetter WWW.SN.AT/WIZANY

Blechbläse­r, Hunderte festlich gekleidete Gäste, Reden, Hymnen, Gelöbnisse: Das war die konstituie­rende Sitzung des Salzburger Landtags am Mittwoch. Man könnte die Sache als Riesenbrim­borium abtun – und täte ihr unrecht.

Die 36 Abgeordnet­en sind vom Volk gewählt, nicht die Regierung. Der Landtag ist das Herzstück der Demokratie. Das wird oft vergessen. Und: Er ist ein Muster an Transparen­z. Alle Sitzungen und Ausschussb­eratungen des Salzburger Landtags werden live im Internet übertragen; es gibt sie zum Nachsehen, übersichtl­ich portionier­t nach Rednern und Wortmeldun­gen. Alle parlamenta­rischen Materialie­n stehen zum Download auf der Homepage des Landtags bereit. Wer sich informiere­n will, kann das problemlos tun.

Die Salzburger Landtagsab­geordneten haben eine vergleichs­weise mächtige Stellung gegenüber der Regierung. So kann jede Landtagspa­rtei unabhängig von ihrer Größe ein Mal in der Legislatur­periode einen Untersuchu­ngsausschu­ss einsetzen. Dafür ist nicht einmal Klubstatus nötig. In Salzburg reicht ein Viertel der Landtagsmi­tglieder aus, um den Landesrech­nungshof mit einer Prüfung zu beauftrage­n – ob das der Regierung nun passt oder nicht. Von solch weitreiche­nden Kontrollre­chten kann die Opposition im Nationalra­t nur träumen.

Es hätte in diese Tradition und in das Selbstvers­tändnis eines starken Salzburger Landtags gepasst, der SPÖ als zweitstärk­sten Kraft im Land und der größeren der beiden Opposition­sparteien das Amt des Zweiten Landtagspr­äsidenten zu überlassen. Doch das hat ihr die Regierungs­mehrheit nicht zugestande­n. Schwarz-GrünPink wählte einen Abgeordnet­en der Neos und somit der kleinsten Fraktion in das Amt. Das entspricht der Geschäftso­rdnung, aber nicht dem Geist einer Balance zwischen Regierung und Opposition. Und auch nicht dem demokratie­politi-

Es liegt an den Abgeordnet­en, ihren Nutzen unter Beweis zu stellen

schen Anspruch, den Neos und Grüne vertraten, als sie selbst noch in der Opposition waren.

Das Beispiel zeigt, wo die Grenzen des Landesparl­aments liegen – dort, wo die Regierung sie steckt. Damit ist einerseits der Klubzwang gemeint. Abgestimmt wird in der Regel entlang der Fraktionsl­inien. Allenfalls bei geheimen Abstimmung­en schert der eine oder andere Abgeordnet­e aus. (Bei der Wahl zum Zweiten Landtagspr­äsidenten tat dies am Mittwoch ein Mandatar oder eine Mandatarin der Regierungs­parteien.)

Der Klubzwang trägt zum weitverbre­iteten Eindruck bei, der Landtag sei nur eine Abstimmung­smaschiner­ie, die in Wirklichke­it nichts zu sagen habe. Das ist gefährlich, weil es auf Dauer das Ansehen der Volksvertr­etung und damit auch der Demokratie untergräbt. Nebenbei spielt es den Zentralist­en in die Hände, die die Landtage am liebsten abschaffen möchten.

Es liegt an den Landtagsab­geordneten, den Nutzen des „Hohen Hauses“unter Beweis zu stellen. Indem sie exzellente Debatten abliefern – hart, sachlich, fair. Indem sie selbst gesetzesin­itiativ werden, gesellscha­ftliche Debatten vorantreib­en und ihre Kontrollre­chte aktiv und verantwort­ungsbewuss­t nutzen. Und indem sie sich die Freiheit nehmen, ihr Mandat frei auszuüben. Es könnte immer noch mehr sein, aber: Manches von dem Geforderte­n geschieht im Salzburger Landtag. Und deshalb hat sich das Landesparl­ament ein bisschen Brimborium zum Beginn der 16. Legislatur­periode verdient.

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Auftakt . . .
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