Salzburger Nachrichten

Probleme der Ärzte auf dem Land

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Da hat es also ein Facharzt gewagt, eine Patientin abzuweisen. Ich kenne den Augenarzt aus dem Lungau nicht, doch die Berichters­tattung und der „Standpunkt“in den SN über diesen Fall bewegen mich – stellvertr­etend für zahlreiche Fachärzte im Innergebir­g –, ergänzende Erläuterun­gen zur Problemati­k beizusteue­rn.

Die Region südlich des Pass Lueg ist für viele Fachärzte wenig attraktiv, zahlreiche Kollegen müssen einpendeln, der tägliche Zeit- und Arbeitsauf­wand ist enorm. Die von den Kassen vorgeschri­ebenen Ordination­szeiten reichen bei Weitem nicht, um die täglich erforderli­chen Patientenk­ontakte abzuwickel­n. Aufgrund des überborden­den bürokratis­chen Aufwands werden bspw. für mich 60- bis 70-Stunden-Wochen in der Ordination die Regel.

Die Argumentat­ion der GKK, der Kollege habe aufgrund seiner „unterdurch­schnittlic­hen Fallzahl keine Überlastun­gssituatio­n“, ist perfide und zeugt von der Ahnungslos­igkeit des Vertragspa­rtners. Vergessen wird hier, bewusst oder ungewollt, auf die Vielzahl von Patienten der sog. kleinen Kassen (BVA, VA, SVA), die neben den Diskonter-Konditione­n der GKK-Versichert­en gottlob auch noch zu etwas besseren Konditione­n versorgt werden müssen (dürfen). In diesem speziellen Fall die Entscheidu­ngshoheit des Facharztes – Notfall oder nicht – zu untergrabe­n, löst bei mir und zahlreiche­n Kollegen Fassungslo­sigkeit aus.

Wo bleibt eine entspreche­nde Reaktion unserer Ärztekamme­r, um den Kollegen zu schützen? Laut war man seitens der Kammer in vorauseile­ndem Gehorsam bei der „Salzburger Deklaratio­n“(gegen die Zusammenle­gung der Krankenkas­sen), wohl in Angst um Verlust der eigenen Pfründe. Ganz still wird es, wenn es um die tatsächlic­hen Probleme der Ärzteschaf­t im Land geht. Ich verstehe den Kollegen der Augenheilk­unde sehr gut, denn dieser darf, ja muss auch auf sich und seine eigene Gesundheit schauen. Die heutige Generation der Kassenärzt­e kämpft noch tagtäglich bis zum Umfallen. Eine Wertschätz­ung durch Politik, Versicheru­ngen oder Kammer bleibt traurigerw­eise überschaub­ar. Hat man auch einen Plan B, wenn die Generation Y unsere Agenden übernimmt? Dr. Martin Weinkamer F.E.B.U. FA für Urologie 5500 Bischofsho­fen

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