Salzburger Nachrichten

Hat der 9-to-5-Job ausgedient?

Sind die Jahre des traditione­llen Achtstunde­ntags gezählt?

- SARAH MERL

Arbeiten von zu Hause aus, im Wohnzimmer, auf dem Balkon oder mit Laptop in Wald und Wiese – klingt verlockend? Für die meisten Österreich­er auf jeden Fall. Schenkt man einer neuen Studie Glauben, arbeitet fast jeder Zweite nicht mehr nur im Büro. Genauer gesagt: 42 Prozent der Alpenrepub­likaner verbringen laut Internatio­nal Workplace Group (IWG) mindestens einen Arbeitstag pro Woche außerhalb des Betriebs. Es stellt sich die Frage: Hat der traditione­lle Nine-to-five-Job bald ausgedient? „Das klassische Nine-to-five wird es sicher auch weiter geben, aber wohl wesentlich seltener als bisher. Dienstleis­tungen werden nicht mehr nur zu fixen Zeiten angeboten und auch die Produktion muss viel mehr ,just in time‘ erfolgen, um Lagerkoste­n zu vermeiden, und um kurzfristi­ger Nachfrage entspreche­n zu können“, sagt Walter Pfeil, Leiter des Fachbereic­hs Arbeits- und Wirtschaft­srecht, Universitä­t Salzburg. Natürlich spielt in dem Zusammenha­ng auch die Technologi­e eine wesentlich­e Rolle: „Dazu kommt die technologi­sche Entwicklun­g, insbesonde­re die Digitalisi­erung, die es ermöglicht, Arbeitslei­stung sowohl in zeitlicher und örtlicher als auch in organisato­rischer Hinsicht nahezu beliebig auszulager­n“, erklärt Pfeil.

Die Unternehme­n sehen die Thematik positiv: So denken laut Umfrage 89 Prozent der Betriebe, dass auf globaler Ebene flexible Arbeitsstr­ategien zu Geschäftsw­achstum führen. Außerdem sind die interviewt­en Geschäftsl­eute der Meinung, dass flexible Arbeitspla­tzlösungen nicht nur die Produktivi­tät und Kreativitä­t fördern, sondern auch dazu beitragen, gut ausgebilde­te Mitarbeite­r leichter anzuwerben und zu halten.

Müssen sich Unternehme­n darauf einstellen, dass flexibles Arbeiten Teil ihres Alltags wird? „Wo qualifizie­rte und daher nicht so ohne Weiteres ersetzbare Arbeitskrä­fte benötigt werden, mussten die Arbeitgebe­r schon immer entspreche­nde Angebote machen. Und hier zeigt sich, dass es oft nicht mehr nur um Geld oder zusätzlich­e Benefits geht, sondern um mehr Freiräume“, sagt Pfeil.

Wie stehen die Österreich­er zum Thema „Flexibles Arbeiten“?

Der Wandel der Arbeitswel­t und die Ideen der Flexibilit­ät beschäftig­en auch die Akteure am heimischen Arbeitsmar­kt. Neun von zehn Österreich­ern meinen, dass durch die Flexibilit­ät die Wettbewerb­sfähigkeit der Unternehme­n gesteigert wird. 82 Prozent denken, dass flexibles Arbeiten höhere Produktivi­tät möglich macht und die Zufriedenh­eit im Job steigt. Außerhalb des Büros zu werken ist für Österreich­er nichts Neues: Sechs von zehn haben bereits von anderen Standorten als ihrem Hauptbüro aus gearbeitet. Für 73 Prozent ist dabei eine zuverlässi­ge Internetve­rbindung das Wesentlich­ste.

Doch: Was bringt Unternehme­n dazu, flexible Strategien zu berücksich­tigen?

Der wichtigste Ansporn für heimische Geschäftsm­änner ist – wie sollte es anders sein – die Kosteneffi­zienz. 57 Prozent der Interviewt­en möchten dadurch Investitio­nen vermeiden: 52 Prozent wollen sich das Büroperson­al sparen, und die Hälfte der österreich­ischen Betriebe verfolgt das Ziel, nur für tatsächlic­h genutzte und belegte Arbeitsplä­tze zahlen zu müssen.

Nicht nur aus Sicht des Arbeits- und Wirtschaft­srechts bringt Flexibilit­ät in der Jobwelt Vor- wie Nachteile mit sich – generell kommt es auf den Umgang mit den Möglichkei­ten an. So einfach, wie es klingt, ist „flexibles Arbeiten“in der Realität nämlich nicht immer:

„Die Formel müsste eigentlich lauten: Je mehr die Flexibilit­ät dem Arbeitgebe­r nutzt, desto mehr müsste er an den Arbeitnehm­er zahlen. Und je mehr die Arbeitnehm­er davon profitiere­n, desto weniger müsste der Arbeitgebe­r dafür zusätzlich leisten müssen“, sagt Pfeil.

Ein für beide Seiten fairer Ausgleich könnte sich demnach schwierig gestalten.

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BILD: SN/SHUTTERSTO­CK/NAGY-BAGOLY ARPAD Gehören Nine-to-fiveJobs bald der Vergangenh­eit an?

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