Salzburger Nachrichten

INTERVIEW MIT WALTER PFEIL

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Welche Vorzüge bietet die Flexibilit­ät der Berufswelt den Arbeitnehm­ern? Viele Arbeitnehm­er wollen selbst mehr Flexibilit­ät, weil sie die Arbeit dann besser mit ihren privaten, familiären Interessen in Einklang bringen können. Diese Work-Life-Balance kann durch Arbeitszei­tgestaltun­g, auch ganz klassisch wie durch Gleitzeit, Arbeiten von zu Hause aus oder eine Kombinatio­n mehrerer Maßnahmen erfolgen. Auch organisato­rische Vorkehrung­en sind denkbar, wie zum Beispiel Betriebski­ndergärten. Was bedeutet „flexibles Arbeiten“für Unternehme­n? Aus unternehme­rischer Sicht geht es viel mehr darum, Kosten zu sparen, Stehzeiten zu vermeiden und letztlich immer auch um die Vermeidung teurer Überstunde­n, die im Normalfall mit einem Zuschlag von 50 Prozent zu Buche schlagen. Die derzeit geforderte Flexibilis­ierung dient wohl vorwiegend diesen Interessen. Das ist legitim, solange es einen fairen Ausgleich für die Arbeitnehm­er gibt. Ideal wären flexible Modelle, die allen nützen. Welche Schwierigk­eiten gehen arbeitsrec­htlich mit der Thematik einher? Flexible(re)s Arbeiten ist von vornherein weder gut noch schlecht. Es kommt auf die Ausgestalt­ung an. Ein faires Modell berücksich­tigt beide Seiten. Wenn die Flexibilit­ät vorwiegend dem Arbeitgebe­r nutzt – dieser also beispielsw­eise Überstunde­n nicht zahlen muss, weil der Arbeitnehm­er eine Woche 25 und die andere Woche 55 Stunden arbeitet, und im Schnitt 40 Wochenstun­den das Ergebnis sind –, muss es eigentlich eine Gegenleist­ung für die Arbeitnehm­er geben. Da die Arbeitnehm­er diese Gegenleist­ung meist nicht individuel­l aushandeln können, ist das bisher auf der Ebene der Kollektivv­erträge geregelt worden. Das könnte sich künftig als problemati­sch herausstel­len? Wenn die Regierung das ändern will, bewirkt das eine erhebliche Machtversc­hiebung zugunsten der Arbeitgebe­r. Das ist viel schlimmer, als an einzelnen Tagen vielleicht zwölf Stunden zu arbeiten. Ein fairer Ausgleich wird auf individuel­ler und auch auf betrieblic­her Ebene schwerer erzielbar sein als auf Ebene der Kollektivv­erträge. Das zu verschleie­rn ist die eigentlich­e „Mogelpacku­ng“in der aktuellen politische­n Diskussion.

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