„Wir sind das Gegenmodell zu Berlin“
Die CSU heizt den Asylstreit mit der CDU weiter an. Die wiederum wirft der bayerischen Schwester vor, die gesamte Union „weit nach rechts gegen Europa“verschieben zu wollen.
„Früher war der Begriff ,Festung Europa‘ negativ besetzt. Das ändert sich.“ Markus Söder, Ministerpräsident
Im Asylstreit der deutschen Regierungsparteien ist keine Entspannung in Sicht. Während sich die Sozialdemokraten bereits auf Neuwahlen vorbereiten, hat Innenminister Horst Seehofer (CSU) Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) davor gewarnt, ihn zu entlassen.
Politiker von CDU und CSU verschärften die gegenseitigen Angriffe. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) warf der CSU vor, die Position der gesamten Union „weit nach rechts gegen Europa“verschieben zu wollen. In München bekräftigte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU): „In Bayern wird regiert und konsequent entschieden und nichts auf die lange Bank geschoben. Wir sind das Gegenmodell zu Berlin.“
Noch ist nicht entschieden, wer am Ende des Machtkampfs zwischen Bundeskanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer auf dem Siegertreppchen stehen wird. Doch es könnte sehr wohl sein, dass der Verlierer am Ende Seehofer ist. Er wird derzeit in eine Rolle gedrängt, die ihm am Schluss zum Verhängnis werden könnte, weil er nicht ohne Gesichtsverlust herauskommen kann. Wer die Latte so hoch legt wie er, geht ein hohes Risiko ein.
Wilde Attacken gegen die große Schwester CDU hat es immer wieder gegeben. Doch am Ende hat die CSU und eingelenkt. So war es schon 1976, als Franz Josef Strauß die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU aufkündigte und diesen Entscheid wenig später zurücknahm.
Seehofer hat Merkels Flüchtlingspolitik immer wieder als „Herrschaft des Unrechts“bezeichnet und eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angedroht. Umgesetzt hat er die Drohung nie. Auch von einer Obergrenze, die er immer wieder gefordert hatte, ist längst keine Rede mehr. Nun gibt es im Koalitionsvertrag einen Richtwert (etwa 200.000), der wegen des kontinuierlichen Rückgangs der Flüchtlingszahl in diesem Jahr wohl nicht erreicht wird. Längst in Vergessenheit geraten ist die berüchtigte Pkw-Maut, mit der die CSU ausländische Autofahrer in Deutschland zur Kasse bitten wollte. Das war aber nicht bei der letzten Bundestagswahl, sondern schon 2013. Die Maut gibt es heute noch nicht.
Die Frage ist nun, was passiert, wenn Merkel auf dem EU-Gipfel Ende Juni keine für die CSU zufriedenstellende Lösung findet und Seehofer gegen den Willen Merkels tatsächlich im Juli im Ausland bereits registrierte Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen lässt. Macht Merkel dann von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch und schmeißt Seehofer aus dem Kabinett? Und was macht dann die CSU? Zieht sie die anderen Minister auch ab? Oder opfert sie Seehofer?
Denn wenn die CSU ihre Minister aus dem Kabinett abzieht, verliert sie auch ihre Mitsprachemöglichkeiten in Berlin. Schlagartig wäre die CSU nichts mehr als eine bayerische Regionalpartei. Der Bedeutungsverlust wäre enorm. Ob das ihre Erfolgsaussichten bei der Landtagswahl im Oktober verbessern würde, ist zu bezweifeln. Denn das Mitregieren in Berlin gehört für die CSU unabdingbar zum Selbstverständnis.