Der unverkennbare Sound des Hämmern und Klickens
Die Schreibmaschine feiert ihren 150. Geburtstag. Warum manche Schriftsteller bis heute eine Hassliebe zu ihr pflegen und es die QWERTZ-Tastatur gibt.
Sie heißen Erika, Olympia oder Valentine: Schreibmaschinen gehören zum 20. Jahrhundert wie Röhrenfernseher und Plattenspieler. 48 Tasten und ein Ratschen, Hämmern und Klicken, wie es keine lichtgraue Computertastatur zu erzeugen vermag. Vor genau 150 Jahren – am 23. Juni 1868 – meldete die US-Rüstungsfirma Remington die erste industriell gefertigte Maschine zum Patent an.
Im Gegensatz zu ihren Vorläufern hatte diese „Sholes-Glidden“die bis heute auch für Computer gültige Tastatur. „Unter der Zahlenreihe stehen die Buchstaben Q, W, E, R, T, Z – das ist die sogenannte QWERTZ-Tastatur“, erläutert Winfrid Glocker. Er ist am Deutschen Museum Konservator für Papier-, Druck-, Textil- und Bürotechnik. „Zuerst haben die Erfinder es mit einer alphabetisch angeordneten Tastatur versucht, dann aber gemerkt: Sie müssen die Anschläge gleichmäßig auf die linke und rechte Hand verteilen.“Im englischen Sprachraum tauschen das Y und das Z dabei den Platz.
Ursprünglich war die Schreibmaschine als Hilfsmittel für extrem kurzsichtige oder blinde Menschen gedacht. Technische Verbesserungen um die Jahrhundertwende machten den weltweiten Siegeszug möglich. Die Vorteile: Alles war gut lesbar und eine Kopie dank Durchschlag inbegriffen.
Zu den wenigen, die um jeden Preis weiter von Hand schreiben wollten, zählte Literaturnobelpreisträger Thomas Mann. Er hat sich zusichern lassen, dass er Manuskripte als Manuskripte abliefern durfte und nicht als Typoskript.
„Die Buddenbrooks“schrieb er ebenso von Hand wie „Felix Krull“. Damals wurden die Autoren längst verpflichtet, Texte getippt abzuliefern, also selbst zu tippen oder tippen zu lassen. Schreibmaschinen waren weltweit omnipräsent. Die Kugelkopfmaschine löste mit eigener Korrekturtaste die letzte Tücke.
Dennoch bedeutete die Maschine für viele Menschen eine Plackerei. J. R. R. Tolkien, Professor für ein vergleichsweise exotisches Fach, hatte nicht das Geld, eine Schreibkraft „Herr der Ringe“tippen zu lassen. Er musste das dickleibige Manuskript selbst drei Mal abtippen.
Klaus Neudeck war 16 Jahre alt, als er 1960 beim deutschen Schreibmaschinenriesen Olympia anfing. „Wir haben in den Spitzenzeiten zwischen 1960 und 1970 pro Jahr eine Million Maschinen weltweit verkauft und hatten 17 Tochtergesellschaften auf der ganzen Welt.“Dann wurde Olympia an ein chinesisches Unternehmen verkauft.
Mit der Zeit sind die Schreibmaschinen auf die Dachboden gewandert. Ab den 1970ern machten Computer der Schreibmaschinenindustrie den Garaus, das Internet tat ein Übriges. Nur in der Abkürzung „CC“für den zweiten E-Mail-Empfänger lebt die Schreibmaschine im Netz noch ganz praktisch fort: „CC“kommt von „Carbon Copy“(Durchschlag mit Kohlepapier).
Eine Umfrage bei großen deutschsprachigen Verlagen ergab, dass etwa John Irving, Patrick Süskind und Frederick Forsyth bis heute Schreibmaschinenseiten bei ihren Lektoren abliefern. Wenn das Thomas Mann wüsste.