Ein Leben zwischen der Kantine und dem Meinl am Graben
Karl-Heinz Grasser erklärte, warum er eine blütenweiße Weste hat. Nur sein Image als Traum-Schwiegersohn hat ein paar Schrammen.
In der vergangenen Woche gehörte die Bühne im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Landesgericht endlich Karl-Heinz Grasser. Dass seine Verteidigungsrede ein Highlight im Prozess rund um die Vorgänge bei der Privatisierung der Buwog werden würde, damit durfte gerechnet werden. Und der ehemalige Finanzminister erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen voll und ganz. Sein Anwalt Manfred Ainedter zeigte sich danach hochzufrieden, sein Klient sei „dort hingegangen, wo es wehtut“.
Kurz dachte man, Ainedter beziehe sich auf Grassers Aussage, er habe ab und zu sogar die Kantine des Finanzministeriums aufgesucht. Aber nein, Ainedter zielte darauf ab, dass Grasser die Punkte, die ihm seit Jahren vorgehalten werden, aktiv angesprochen habe und restlos aufgeklärt habe. Der Vorhalt, Grasser habe nur in den teuersten Gourmettempeln der Wiener Innenstadt gespeist, war mit dem Verweis auf die Kantinenbesuche ein für alle Mal aus der Welt geschafft. Wer derart ungezwungen Kontakt mit den Mitarbeitern seines Ministeriums pflegt, der kann kein schlechter Mensch sein.
Grasser konnte zudem den unumstößlichen Beweis liefern, dass er das Prinzip „Strenge Rechnung, gute Freunde“bis ins Letzte durchgezogen hat. Der Ex-Finanzminister machte auch für seine Frau keine Ausnahme. Wenn er ihr beim Einkaufen finanziell aushelfen musste, was des Öfteren der Fall war, weil ihre Kreditkarte verglüht war, musste die Ehegattin die offene Summe umgehend retournieren – und zwar bar auf die Hand. Dass ausgerechnet die Galionsfigur der New Economy der Devise „Nur Bares ist Wahres“folgte, auch beim Einzahlen des „Schwiegermuttergeldes“, mag verblüffen. Grasser konnte auch das erklären. Bei ihm waren Barübergaben an Mitarbeiter der Meinl Bank an der Tagesordnung, mit Papier- kram und Belegen habe man sich nicht unnötig aufgehalten, das brauche ein Finanzminister nicht. So geht auch der Vorwurf, man könne ihm dubiose Konten zurechnen, ins Leere.
Und die Unterschrift unter einen Treuhandvertrag? Mein Gott, der Lapsus eines Mannes, der so vieles unterschreiben musste, sogar Autogrammkarten, die man auf Grassers privater, von der IV gesponserten Homepage bestellen konnte – mit Stempel des Finanzministeriums.
Ainedter sagte, er wüsste nicht, was man Grasser jetzt noch fragen könne. Eines vielleicht. Dass seine Schwiegermutter nach den Geldtransfers lange nicht mit ihm geredet habe, war eine schockierende Offenbarung. Ausgerechnet der Traum aller Schwiegermütter soll diese zum Schweigen gebracht haben? Das schreit noch nach lückenloser Aufklärung.