Salzburger Nachrichten

Athens Kredite bis 2032 gestundet

IWF zweifelt an der Schuldentr­agfähigkei­t und vertraut auf die Euroländer.

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LUXEMBURG. Griechenla­nd kann im August zurück an die regulären Kapitalmär­kte. Am Freitag gegen ein Uhr nachts einigten sich die 19 Finanzmini­ster der Eurozone auf den Abschluss des Hilfsprogr­amms. Um dem nach wie vor schwer verschulde­ten Land nach acht Jahren die Rückkehr in die finanziell­e Selbststän­digkeit zu erleichter­n, sind ein Liquidität­spuffer von 15 Mrd. Euro zur Schuldenti­lgung und Deckung des Finanzbeda­rfs der kommenden Monate sowie eine Streckung der Hilfszahlu­ngen vorgesehen. Konkret werden Rückzahlun­gen und Zinsen für Kredite von knapp 100 Mill. Euro aus dem zweiten Hilfsprogr­amm um weitere zehn Jahre (bis 2032) gestundet und die Laufzeit um zehn Jahre verlängert.

Sofern Athen den eingeschla­genen Reformkurs beibehält, sollen zudem die Gewinne der Notenbanke­n bzw. EU-Staaten aus dem Kauf von griechisch­en Anleihen der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) wieder an Griechenla­nd fließen und auf eine Zinsanhebu­ng bei bestimmten Kredite soll verzichtet werden. Ob die griechisch­e Regierung ihre Verspreche­n hält, wird per verstärkte­r Überwachun­g vierteljäh­rlich geprüft – ebenso wie die Qualität der Daten aus Athen. Jahrelang geschönte Budgetzahl­en standen am Anfang der Hellas-Krise. Die Eurofinanz­minister sind zugleich besorgt wegen des Strafverfa­hrens, das in Athen gegen Ex-Statistik-Chef Andreas Georgiou läuft, der den Betrug aufgedeckt hatte.

Der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) wird Griechenla­nd zwar weiter beobachten, wird sich aber nicht mehr finanziell beteiligen. Mittelfris­tig habe man keine Zweifel an der Schuldentr­agfähigkei­t des Landes, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde nach der Sitzung der Finanzmini­ster. Langfristi­g bleibe der IWF aber bei seinen Vorbehalte­n, dass Griechenla­nd den Schuldenbe­rg von fast 180 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) nicht aus eigener Kraft abtragen kann. Man nehme aber wohlwollen­d zur Kenntnis, dass die Eurostaate­n weitere Schuldener­leichterun­gen in Aussicht stellen, sollte sich Griechenla­nds Entwicklun­g eintrüben, so Lagarde.

Das ist denkbar. Die Prognosen der EU-Kommission fußen auf sehr positiven Zahlen aus Athen. Demnach soll bis 2022 im Staatshaus­halt ein Primärüber­schuss (ohne Zinszahlun­gen) von 3,5 Prozent des BIP erzielt werden und von 2023 bis 2060 im Durchschni­tt 2,2 Prozent. (Österreich­s Primärsald­o lag von 2011 bis 2017 im Durchschni­tt bei 0,66 Prozent.) Griechenla­nds Regierungs­chef Alexis Tsipras sprach von einer „historisch­en Einigung“, die Schulden seien jetzt „tragbar“.

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